Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenfestsetzung. Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Kostenerstattungspflicht auch bei Kostenprivilegierung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kosten eines amtsgerichtlichen Mahnverfahrens unterliegen auch dann der Kostenerstattungspflicht, wenn der Kostenschuldner zu dem nach § 183 SGG kostenprivilegierten Personenkreis gehört.

 

Tenor

Auf die Erinnerung wird der Beschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Dortmund vom 10.05.2021 (S 105 P 119/20) geändert und der Betrag der zu erstattenden Gerichtskosten für das Mahnverfahren wird auf 32,00 € festgesetzt.

Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Gegenstand der Klage im Verfahren S 105 P 119/20 war nach vorausgegangenem Mahnverfahren die Zahlung von Pflegeversicherungsbeiträgen. Nach dem Gerichtsbescheid vom 14.01.2021 trägt der Beklagte (hier: Erinnerungsgegner) die gerichtlichen Kosten des Mahnverfahrens.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2021 beantragten die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin die Festsetzung von 32,00 € Gerichtskosten. Die Urkundsbeamtin teilte daraufhin mit, dass gemäß § 184 Abs. 2 SGG eine Pauschgebühr von 150,00 € von der Klägerin erhoben werde. Auf diese seien die Kosten des Mahnverfahrens angerechnet worden, so dass nur 118,00 € erhoben worden seien. Eine zusätzliche Festsetzung dieser Kosten gegen den Beklagten könne daher nicht erfolgen.

Der Festsetzungsantrag wurde von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 10.05.2021 wies die Urkundsbeamtin den Kostenfestsetzungsantrag vom 03.02.2021 daraufhin zurück. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Die Erinnerung ist am 27.07.2021 beim Sozialgericht Dortmund eingegangen. Mit dieser beantragt die Erinnerungsführerin, den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.05.2021 aufzuheben und diesen in Höhe von 32,00 € festzusetzen. Zur Begründung machen die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin geltend, die Gerichtskosten in Höhe von 32,00 € seien bereits an das Mahngericht entrichtet worden, so dass die Klägerin insgesamt 150,00 € beglichen habe. Da die Klägerin die gesamten Kosten von 150,00 € bereits gezahlt habe, stehe ihr ein Erstattungsanspruch gegen die Erinnerungsgegnerin von 32,00 € zu. Dies ergebe sich auch aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Gerichtsbescheides vom 14.01.2021.

Die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Dortmund hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig und begründet.

Nach dem Tenor des Gerichtsbescheides vom 14.01.2021 trägt der Beklagte (= Erinnerungsgegner) die gerichtlichen Kosten des Mahnverfahrens. Diese Tenorierung folgt aus der Verpflichtung des Gerichts, nach § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG auch darüber zu entscheiden, welcher Beteiligte die Gerichtskosten (des Mahnverfahrens) zu tragen hat. Die Vorschrift ist entsprechend der Gesetzesbegründung einschränkend zu verstehen. Es geht in ihr darum, "welcher Beteiligte die Kosten eines vorangegangenen Mahnverfahrens zu tragen hat" (vgl. BT-Drucks 13/9609 Seite 9 zu Nr. 5). Mit § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG soll allein sichergestellt werden, dass die nach der ZPO entstandenen Kosten des Mahnverfahrens auch im anschließenden Sozialgerichtsverfahren dem unterlegenen Beteiligten auferlegt werden können. Könnten Versicherte durch einen Widerspruch gegen den Mahnbescheid und die dadurch ausgelöste Abgabe des Verfahrens an das Sozialgericht die Kosten des Mahnverfahrens vor dem Amtsgericht endgültig abwenden, hätten sie ohne Rücksicht auf die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs schon aus kostenrechtlichen Gründen ein Interesse daran, den Widerspruch einzulegen. Dies liefe dem Entlastungszweck des Mahnverfahrens zuwider (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2014 - B 12 P 2/03 R - juris). Schließt die Regelung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich die Überwälzung von Gerichtskosten auf einen Beteiligten aus, da nur die außergerichtlichen Kosten vom Regelungsgehalt umfasst sind, ordnet § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG als Ausnahme hierzu die Möglichkeit der Überwälzung von bestimmten Gerichtskosten (nämlich den Kosten für ein vorangegangenes Mahnverfahren) an (so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 9.05. 2014 - S 10 P 3626/13 - und Beschluss vom 21. Juli 2015 - S 10 P 1232/15 - ; SG Mainz, Gerichtsbescheid vom 22.12.2016 - S 14 P 47/16 - und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.02. 2017, L 15 P 35/16 -; SG Berlin, Beschluss vom 05.04.2018 - S 164 SF 592/17 E - alle in Juris).

Die Vorschrift des § 183 Satz 1 SGG, wonach das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit u.a. für Versicherte kostenfrei ist, steht dem nicht entgegen. Einerseits hat bereits das BSG (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass es dem Entlastungszweck des gerichtlichen Mahnverfahrens zuwiderliefe, wenn sich der Beteiligte allein durch Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid in d...

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