Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgung eines oberschenkelamputierten Versicherten mit einer Badeprothese mit hydraulischem Kniegelenk

 

Orientierungssatz

1. Eine Badeprothese ist als Hilfsmittel i. S. von § 33 SGB 5 im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt.

2. Sie stellt sich als Körperersatzstück nach § 33 Abs. 1 SGB 5 dar und dient dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und dessen ausgefallener Funktion.

3. Auch im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs sind Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Die Sachleistungspflicht der Krankenkasse beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung im Rahmen des § 12 Abs. 1 SGB 5. Danach ist der Anspruch auf ein teuereres Hilfsmittel ausgeschlossen, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist.

4. Bei einer von einem Oberschenkelamputierten begehrten Badeprothese knüpft die Leistungspflicht der Krankenkasse nach einer Entscheidung des BSG (Anschluss: BSG, Urteil vom 25. Juni 2009, B 3 KR 10/08 R) ausschließlich an die Nutzung der Prothese im häuslichen Nassbereich sowie bei Besuchen im wohnortnah gelegenen Hallen- oder Freibad an.

5. Die Krankenkasse ist als Träger der medizinischen Rehabilitation lediglich verpflichtet, ein gefahrloses Stehen und Gehen im häuslichen Nassbereich und im Schwimmbad zu ermöglichen. Mit ihrem Tragen ist deshalb im Verhältnis zur sonstigen Nutzung einer Alltagsprothese nur ein geringer Nutzungszeitraum betroffen.

6. Ist ein beinamputierter Versicherter mit einem C-leg-Gelenk versorgt, so steht bei der zusätzlichen Versorgung mit einer Badeprothese einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenüber. Ist der Versicherte zudem sportlich, so ist für ein sicheres Bewegen in einem Schwimmbad die Versorgung mit einer Badeprothese in Modularbauweise mit einem hydraulischen Kniegelenk nicht erforderlich.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zur erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit einer Badeprothese mit hydraulischem Kniegelenk zu versorgen.

Bei dem am 00.00.1958 geborenen und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten Kläger erfolgte nach primärer Knie-TEP-Implantation links und jahrelangen chronischen Infektionen mit fehlgeschlagener Arthrodese im Januar 2007 eine Oberschenkelamputation. Im Anschluss daran wurde er als uneingeschränkter Außenbereichsgeher im Mobilitätsgrad III mit einem C-Leg-Gelenk versorgt. Er geht regelmäßig in das örtliche Hallen- und Freibad und spielt Badminton.

Im September 2009 verordnete der den Kläger behandelnde Orthopäde und Unfallchirurg Dr. C eine Badeprothese, die entsprechend dem Kostenvoranschlag der Firma S GmbH & Co. KG vom 24.09.2009 Kosten i. H. v. 2933,44 EUR verursachen sollte. Es handelte sich um eine wasserfeste Oberschenkelprothese aus Gießharz, die mit einem Liner der Firma P C ausgestattet war.

Mit Bescheid vom 11.11.2009 wurde die Versorgung mit der Badeprothese genehmigt.

Die Firma S GmbH & Co. KG übersandte am 06.05.2010 einen weiteren Kostenvoranschlag, der sich auf die ursprüngliche Verordnung von September 2009 bezog. Ausgewiesen war eine Badeprothese in Modular-Bauweise, die insbesondere mit einem wasserfesten Allround-Gelenk ausgestattet war, das bereits allein Kosten i. H. v. 3.768,97 EUR verursachte. Insgesamt sollte die Badeprothese 6.928,01 EUR kosten.

Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen Lippe (MDK) ein und wies den Antrag auf Kostenübernahme mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.07.2010 ab. Sie führte aus, eine wasserfeste Prothese in Schalentechnik, wie diese bereits mit Bescheid vom 11.11.2009 genehmigt worden sei, sei ausreichend.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die genehmigte Prothese sei deshalb nicht für ihn geeignet, weil er eine C-Leg-Prothese trage und die Umstellung auf eine Badeprothese mit einem einachsigen Kniegelenk nicht möglich sei. Er müsse das Gehen mit der genehmigten Badeprothese neu erlernen, um seine Gangsicherheit zu gewährleisten. Die Prothese solle für ihn so einsetzbar sein, dass er damit ausgedehnte Wattwanderungen machen und sich an einem Sandstrand aufhalten könne. Die Beklagte sei verpflichtet diese hochwertige Versorgung zu gewähren, da er als Amputierter ebenfalls versuche, sich gesund zu halten. Insbesondere um Schwimmen zu gehen und andere Strand- bzw. Wasseraktivitäten durchführen zu können, müsse eine Prothese mit einem Allround-Knie eingesetzt werden. Er verwies insoweit auf eine bei der Firma S über eine kurze Strecke durchgeführte Erprobung der Prothese in Schalenbauweise. Eine Erprobung der später beantragten Prothese erfolgte nicht.

Nach erneuter Einschaltung des MDK, der weiterhin die medizinische Notwendigkeit der begehrten Prothese verneinte, wies der Kläger nochmals darauf hin, dass die Beklagte verpflichtet sei,...

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