Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Arzneimittelversorgung. Leistungsausschluss von Medikamenten zur Verbesserung des Haarwuchses

 

Orientierungssatz

Die Versorgung eines an Alopecia areata totalis leidenden Versicherten mit dem Medikament "Xeljanz" gehört nicht zu den von der gesetzlichen Krankenkasse geschuldeten Leistungen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung sowie die Kostenübernahme für das Medikament Xeljanz.

Der Kläger leidet seit dem Jahr 2014 an Alopecia areata totalis. Der Kläger beantragte am 20. Juli 2018 über die Universitätsmedizin der Universität Mainz die Kostenübernahme für eine Behandlung mit Xeljanz. Dieses Medikament ist für die Behandlung von rheumatoider Arthritis und Psoriasis-Arthritis zugelassen.

Dem Antrag war ein Gutachten von Professor Dr. D. zur gesundheitlichen Situation des Klägers beigefügt. Dieser bescheinigte dem Kläger, dass die bisherigen Behandlungsversuche mit Lokaltherapeutika erfolglos gewesen seien und verwies auf mehrere positive Heilungsberichte von Patienten nach der Behandlung mit Xeljanz. Er bat die Beklagte um Kostenübernahme für zunächst 6 Monate.

Die Beklagte wandte sich an den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), der in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 3. August 2018 zu dem Ergebnis kam, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Die Erkrankung des Klägers sei psychisch belastend, nicht akut lebensbedrohlich, nicht singulär. Die Behandlungsempfehlung stütze sich auf eine retrospektive Studie ohne Kontrollgruppe. Eine Zulassungserweiterung könne nicht erwartet werden. Durch die Neuregelungen des § 34 Abs. 1 SGB V mit dem Ausschluss von Arzneimitteln, die überwiegend der Verbesserung des Haarwuchses dienten, sei eine Kostenübernahme nicht möglich.

Mit Bescheid vom 9. August 2018 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für das Medikament „Xeljanz“ unter Bezugnahme auf die Begründung des MDK ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 16. August 2018 Widerspruch. Seine Erkrankung sei zwar an sich nicht tödlich. Jedoch beeinflusse die Krankheit sein Sozialleben, Berufsleben sowie Studienleben derart negativ, dass sie indirekt zum Tod führen könne. Da die Krankheit sein äußeres Erscheinungsbild immens verändert habe, habe er sich oftmals benachteiligt gefühlt. Die anerkannten Therapien hätten bei ihm nicht geholfen. Auch die von ihm als Selbstzahler in der Türkei durchgeführte Ozontherapie sei nicht erfolgreich gewesen, ebenso alle Naturheilverfahren. Die ebenfalls in der Frankfurter Universitätsklinik durchgeführte Steroidpulstherapie sei ebenfalls erfolglos gewesen wie auch die DCC-Therapie. Erst die Behandlung mit dem Medikament Xeljanz habe einen gewaltigen Fortschritt gebracht.

Die Beklagte schaltete erneut den MDK ein, der in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. August 2018 bei seinem Ergebnis blieb. Ein Therapieerfolg im Einzelnen sei kein maßgebliches Kriterium für die Kostenübernahme im Off-label-Use.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 20. September 2018 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass seine Krankheit aufgrund des hohen gesellschaftlichen und sozialen Leidensdrucks zu einer nicht zu unterschätzenden psychischen Belastung bis hin zur Selbstmordgefahr führe, so dass die Erkrankung einer lebensbedrohlichen jedenfalls gleichstehe.

Er habe die Kostenübernahme noch vor Beginn der Therapie beantragt. Hinsichtlich der bereits entstandenen Kosten verweist der Kläger auf die vorgelegten Rechnungsbelege. Weiterhin beruft sich der Kläger auf das Gutachten von Prof. Dr. E./Prof. D. sowie auf eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie F.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2018 unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2018 die Kosten für das Medikament „Xeljanz“ zu übernehmen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bereits entstandenen Kosten i.H.v. 8.498,90 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass der Kläger an einer psychisch stark belastenden Erkrankung leide. Die ursächliche Erkrankung dürfte jedoch unstreitig nicht lebensbedrohlich sein. Zudem schließe die Regelung des § 34 Abs. 1 SGB V die Kostenübernahme von Arzneimitteln aus, die allein zur Verbesserung des Haarwuchses dienten. Fraglich sei zudem, zu welchem Zeitpunkt die Therapie begonnen worden sei. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Kläger die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe. Zudem sei die Studienlage unzureichend, um die Kriterien der Kostenübernahme im Rahmen des Off-Label-Use zu erfüllen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet....

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