Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. stationäre Unterbringung. Heranziehung zu einem Kostenbeitrag. Leistungserbringung als erweiterte Hilfe nach § 19 Abs 5 SGB 12. Rechtmäßigkeit der Erbringung erweiterter Hilfe. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts. Vermögenseinsatz. Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils an einem Grundstück bei Erbschaftsstreit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sozialhilfe wird nur dann als begründete Hilfe gewährt, sofern in den Verfügungssätzen im Bewilligungsbescheid eine ausdrückliche Gewährung von Sozialhilfe als erweiterte Hilfe aufgeführt ist. Der Hinweis in der Begründung des Bewilligungsbescheides darauf, dass Sozialhilfe als erweiterte Hilfe gewährt wird, ist nicht ausreichend.

2. Ein begründeter Fall für die Gewährung von Sozialhilfe als erweiterte Hilfe liegt nur vor, sofern beispielsweise die Gewährung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht geklärt sind. Sofern die wirtschaftlichen Verhältnisse geklärt sind, kommt eine Gewährung von Sozialhilfe als erweiterte Hilfe nicht in Betracht.

3. Bei erheblichen Streitigkeiten innerhalb einer Erbengemeinschaft besteht bei Beantragung von Sozialhilfeleistungen keine Verwertbarkeit eines Hausgrundstückes. Sozialhilfe kann dann nur darlehensweise gewährt werden.

 

Orientierungssatz

Az beim LSG Darmstadt: L 4 SO 216/17

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 22.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufwendungsersatzanspruches für den Zeitraum vom 05.05.2008 bis 12.03.2010.

Der Mutter des Klägers verstarb am xx.xx.2006. Der Kläger beerbte diese auf Grund gesetzlicher Erbfolge zusammen mit seiner Schwester sowie der Tochter seines verstorbenen Bruders zu je 1/3. Seine Schwester lebte langjährig mit seiner Mutter zusammen in dem vererbten Haus.

Die im Jahre 1944 geborene Ehefrau des Klägers beantragte am 18.04.2008 bei dem Beklagten Leistungen der Sozialhilfe. Vorher hielt sie sich im Klinikum E-Stadt vom 08.02.2008 bis 07.03.2008 sowie im Anschluss bis zum 04.05.2008 in der Schlossberg-Klinik in F-Stadt auf. Bei ihr wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G, B, aG, H und RF" festgestellt. Sie erklärte im Antrag u. a. über eine Lebensversicherung im Wert von ca. 10.000,-€ bei der L. zu besitzen. Die Ehefrau verfügte über eine Altersrente i. H. v. 1.184,81 € sowie eine Betriebsrente i. H. v. 315,71 €. Der Kläger selbst verfügte über eine Altersrente i. H. v. 1.522,84 €. Die Ehefrau hatte zudem bei der zuständigen Krankenkasse am 15.04.2008 die Kostenübernahme beantragt. Das Amtsgericht Darmstadt bestellte die gemeinsame Tochter zur Betreuerin der Ehefrau.

Die Ehefrau wurde am 05.05.2008 zur vollstationären Pflege in ein Pflegeheim aufgenommen. Sie erhielt monatliche Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung i. H. v. 1.432,-€.

Der Beklagte bewilligte der Ehefrau mit Bescheid vom 23.06.2008, gerichtet an ihre Betreuerin, ab dem 05.05.2008 bis 31.05.2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII. Die Verfügungssätze lauteten dabei wie folgt:

Sehr geehrte Frau M.,

hiermit teilen wir Ihnen mit, dass wir die Kosten für die Betreuung von Frau K. in der o. g. Einrichtung auf der Grundlage des Pflegesatzes der Stufe III von zurzeit 168,44 € täglich und des Vergütungssatzes im Bereich "Gestaltung des Tages" von zurzeit 13,46 € täglich wie folgt übernehmen:

Leistungen der Sozialhilfe

1. Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß Kapitel 6 des SGB XII ab dem 05.05.2008

2. a) Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) in Einrichtungen gemäß Kapitel 3 des SGB XII ab 05.05.2008 in Höhe von zz. 642,72 € monatlich

b) Darüber hinaus erhält Frau K.

- einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von zz. 93,70 € monatlich

- eine Bekleidungspauschale in Höhe von zz. 30,50 € monatlich

Der Beklagte wies lediglich in der Begründung der Verfügung auf die entsprechende Verpflichtung der Ehefrau hin, einen Kostenbeitrag zu leisten und bewilligte ihr die Sozialhilfeleistungen auf der Grundlage des § 92 SGB XII. Er bewilligte dabei Eingliederungshilfe nach §§ 19 Abs. 3 - 5, 53, 54, 92 SGB XII sowie die notwendige Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach §§ 19 Abs. 1, 5, 35 SGB XII. Die Bewilligung erfolgte unter Ausübung des Ermessens nach diesen gesetzlichen Regelungen, da eine abschließende Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht möglich sei und eine Kostenzusicherung wegen der Eilbedürftigkeit geboten erscheine. Der Beklagte meldete zudem mit Schreiben vom 03.07.2008 einen Erstattungsanspruch bei der Krankenkasse an.

Der Beklagte zog die Ehefrau sowie den Kläger mit Bescheid vom 04.07.2008 zur Zahlung eines monatlichen Kostenbeitrags von 1.109,16 € heran. Dieser Bescheid war an beide Eheleute gerichtet. Er bewilligt mit diesem Bescheid Leistungen der Grundsic...

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