Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung: Gewährung von Insolvenzgeld. Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze als Kappungsgrenze für den Insolvenzgeldanspruch. Voraussetzung der Berücksichtigung einer Jahressonderzahlung bei der Berechnung des Insolvenzgeldes

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Insolvenzgeldanspruches ermittelt sich die Begrenzung der Ansprüche auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze, indem die im maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum, in dem offene Vergütungsansprüche bestehen, insgesamt noch ausstehenden Vergütungsansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis in Bezug zur dreifachen Beitragsbemessungsgrenze gesetzt werden. Nur wenn dabei eine Überschreitung für den Gesamtbetrag festzustellen ist, findet dann eine Begrenzung des Anspruchs statt. Dagegen ist eine auf den jeweiligen Monat ausgerichtete Betrachtung des Einkommens und Bemessung an der Beitragsbemessungsgrenze nicht statthaft.

2. Eine Tantieme als Vergütungsbestandteil in Form einer Jahressonderzahlung kann bei der Berechnung des Insolvenzgeldes jedenfalls dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien weder vollständig noch anteilig im für die Berechnung des Insolvenzgeldanspruchs maßgeblichen Zeitraum vom Arbeitgeber geschuldet und fällig war.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.03.2014; Aktenzeichen B 11 AL 21/12 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 Euro brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten sich über die Höhe des dem Kläger bewilligten Insolvenzgeldes.

Der Kläger war als Senior Consultant vom 1. November 2001 bis zum 31. Juli 2007 zunächst bei der D. AG, und später bei der Rechtsnachfolgerin, der E. AG in B-Stadt beschäftigt. Im ursprünglichen Arbeitsvertrag mit der D. AG war vorgesehen, dass der Kläger eine Tantieme in Höhe von 10% des Jahreszieleinkommens erhält. Die Basis für die Berechnung der Tantieme werde dem Kläger in einem gesonderten Schreiben mitgeteilt. Die Höhe der Tantieme und ihre Voraussetzungen wurden jährlich individuell neu formuliert. Mit Ergänzungsschreiben vom 15. Februar 2006 wurden die Voraussetzungen für den Tantiemeanspruch mit Wirkung vom 1. Januar 2006 vereinbart. Danach sollte der Kläger eine Tantiemezahlung nach Jahresabschluss in Höhe von 4.000 € erhalten. Dieser Tantiemebetrag war in zwei Ziele unterteilt: 30% des Tantiemebetrages (1.200 €) wurden am Deckungsbeitrag des Unternehmens gemessen und 70% des Tantiemebetrages (2.800 €) wurden am persönlichen Umsatz 2006 gemessen. Das monatliche Bruttofixgehalt betrug seit dem 1. Januar 2006 6.000 €.

In der Abrechnung für Juli 2007 ist die Tantieme-Abrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910 € sowie die Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.700 € enthalten. Der Vorstand der E. AG, Hr. F., teilte dem Kläger insoweit mit Schreiben vom 27. Juni 2007 mit, dass das abgelaufene Geschäftsjahr 2006 nicht nur mit einem desaströsen wirtschaftlichen Ergebnis abgeschlossen worden sei, sondern es seien ebenfalls Entscheidungen getroffen worden, die auch das Jahr 2007 negativ beeinträchtigen würden. Diese Entwicklungen hätten die Gesellschaft an den Rand der Überschuldung geführt. Die neue Geschäftsleitung habe jedoch entschieden, trotz größter finanzieller Probleme, ihm die Tantieme mit der Gehaltsabrechnung Juli 2007 auszuzahlen.

Das Arbeitsverhältnis endete durch eigene Kündigung des Klägers zum 31. Juli 2007. Mit Beschluss vom Oktober 2007 wurde über das Vermögen der E. AG das Insolvenzverfahren eröffnet.

Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 2. November 2007 auf die Möglichkeit der Geltendmachung eines Insolvenzgeldanspruchs hingewiesen hatte, stellte der Kläger am 12. November 2007 für den Zeitraum von Mai bis Juli 2007 einen Antrag auf Insolvenzgeld, berechnet jeweils aus einem Monatsbruttoarbeitseinkommen von 5.250 €. Der Insolvenzverwalter stellte eine Insolvenzgeldbescheinigung aus, derzufolge das nicht ausgezahlte Nettoarbeitsentgelt bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze im Monat Juni 2007 311,72 € und im Juli 2007 3.031,41 € betrage; außerdem sei der Beitragszuschuss zur privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in Höhe von monatlich 270,75 € in diesen beiden Monaten nicht abgeführt worden. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Insolvenzgeldzeitraum vom 1. Juni bis zum 31. Juli 2007 Insolvenzgeld in Höhe von 582,47 € für den Monat Juni 2007 und in Höhe von 3.302,16 € für den Monat Juli 2007.

Gegen die Höhe des bewilligten Insolvenzgeldes legte der Kläger Widerspruch ein. Ihm stünden Vergütungsansprüche jeweils mindestens in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze auch für die Monate Mai und Juni 2007 zu; dies ergebe...

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