Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung des beigeladenen Versicherungsträgers an die versicherungsrechtliche Entscheidung des Sozialgerichts. Verjährung des Beitragsanspruchs

 

Orientierungssatz

1. Hat die Krankenkasse als Einzugsstelle in einem bindend gewordenen Bescheid festgestellt, dass für den Versicherten während eines konkreten Zeitraums keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bestanden hat und war der Rentenversicherungsträger in dem anschließenden Klageverfahren beigeladen, hat er es aber unterlassen, den Bescheid hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung anzugreifen, so sind alle Beteiligten, einschließlich des Rentenversicherungsträgers, an die ergangene Entscheidung gebunden.

2. Die Beiträge zur Rentenversicherung verjähren nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für die dreißigjährige Verjährung nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB 4 ist es ausreichend, wenn innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist ein mindestens bedingter Vorsatz auf Vorenthaltung der Beiträge entstanden ist (BSG Urteil vom 30. 3. 2000, B 12 KR 14/99 R).

 

Tenor

Der Bescheid vom 04.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 wird aufgehoben, soweit Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, die Umlage U1, U2 sowie die Umlage nach § 358 Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und die darauf entfallenden Säumniszuschläge geltend gemacht werden.

Im Übrigen - hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung sowie der darauf entfallenden Säumniszuschläge - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu 1/2.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 1) während ihrer Tätigkeit für den gastronomischen Betrieb des Klägers selbständig oder abhängig beschäftigt war und entsprechende Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung zu zahlen sind.

Die Beigeladene zu 1) beantragte am 25.09.2005 die versicherungsrechtliche Beurteilung ihres Beschäftigungsverhältnisses im Betrieb des Klägers bei der Einzugsstelle, der KKH-Allianz. Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens teilte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund der KKH-Allianz mit, dass sie die Beigeladene zu 1) für abhängig beschäftigt halte. Mit Bescheid vom 06.06.2006 stellte die KKH-Allianz fest, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 01.04.1991 als abhängig beschäftigt angesehen werde und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe.

Dagegen erhob die Beigeladene zu 1) Widerspruch unter Hinweis auf die Gewährung von Darlehen und bestehende Bürgschaftsverpflichtungen in hohem Umfang.

Mit Abhilfebescheid vom 07.08.2006 hob die KKH-Allianz den Bescheid vom 06.06.2006 wieder auf, da ab dem 01.04.1991 keine abhängige Beschäftigung bestehe. Für die Erstattung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge könne sich die Beigeladene zu 1) an den jeweiligen Sozialversicherungsträger wenden. Wegen der Krankenversicherungsbeiträge werde sich die KKH-Allianz in den nächsten Tagen mit dieser in Verbindung setzen.

Von dieser Abhilfeentscheidung erfuhr die DRV Bund durch den Erstattungsantrag der Beigeladene zu 1) vom 22.08.2006. Die DRV Bund erhob am 30.01.2007 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (S 166 KR 558/07). Mit Beschluss vom 02.05.2007 wurden der Kläger, die Beigeladene zu 1) sowie die Bundesagentur für Arbeit und die Pflegeversicherung zu diesem Klageverfahren beigeladen. Mit Urteil vom 08.02.2010 hob das Sozialgericht Berlin den Bescheid vom 07.08.2006 hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung auf. Am 15.03.2010 legten der Kläger sowie Beigeladene zu 1) dagegen Berufung (L 1 KR 78/10) ein.

Am 11.10.2010 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei dem Kläger durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Frage des Status der Beigeladene zu 1) durch Bescheid vom 07.08.2006 aufgegriffen wurde und zum damaligen Zeitpunkt noch streitbefangen war. Es erging die Aufforderung an den Kläger, ein zukünftiges Urteil des Landessozialgerichts (LSG) hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 auszuwerten. Wörtlich hieß es in dem Hinweis der Betriebsprüfung: "Die durchgeführte Prüfung hat für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 hinsichtlich des Sachverhalts Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung der C. A., Feststellungen ergeben, die bereits anlässlich des Statusfeststellungsverfahrens von der KKH Allianz durch Bescheid vom 07.08.2006 aufgegriffen wurden und noch streitbefangen sind. Eine unanfechtbare Entscheidung über die Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (AZ: L 1 KR 78/10) lag im Zeitpunkt der Betriebsprüfung noch nicht vor. Wir bitten Sie sicherzustellen, dass das rechtskräftige Urteil der Sozialgerichtsbarkeit unmittelbar nach dem Eingang auch hinsichtlich des Prüfzeitraums dieses Bescheides sowie ggf. der nachfolgenden Zeiträume aus...

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