Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. ausreichende Eigenbemühungen. wiederholte Pflichtverletzungen. wichtiger Grund. Obdachlosigkeit

 

Orientierungssatz

Dem Wegfall des Arbeitslosengeld II wegen wiederholter Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung bzw Nichtnachweis schriftlicher Bewerbungen gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b, Abs 3 SGB 2 steht ein wichtiger Grund iS von § 31 Abs 1 S 2 SGB 2 entgegen, wenn der Hilfebedürftige zuvor nur noch Lebensmittelgutscheine erhalten hat, obdachlos geworden ist und die Vermieterin seiner bisherigen Notunterkunft seine persönlichen Gegenstände zurückhält. In dieser Situation ist der Hilfebedürftige nicht in der Lage 10 schriftliche Bewerbungen pro Monat nachzuweisen.

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab dem 14.04.2009 zunächst bis zum 30.06.2009 als Geldleistung in Höhe von 351,00 Euro monatlich zu erbringen.

2. Die Leistungen nach Ziffer 1) werden vorläufig erbracht und stehen unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

3. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers hat die Antragsgegnerin zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der 1959 geborene Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutz gegen die vollständige Absenkung seiner Leistungen.

Er erhält von der Antragsgegnerin seit mehreren Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zumindest seit dem Jahr 2007 kam es aufgrund von Meldeversäumnissen u. ä. zu Sanktionierungen, in deren Folge Leistungen auch vorläufig ganz eingestellt wurden.

Eine ihm für den Zeitraum ab Mai 2008 angebotene Bildungsmaßnahme trat der Antragsteller nicht an. Mit Bescheid vom 28.05.2008 senkte die Antragsgegnerin ihre Leistungen für den Zeitraum 01.06.2008 bis 31.08.2008 vollständig ab. Aufgrund dauerhaft rückständiger Mietzahlungen verlor der Antragsteller im Sommer 2008 seine Wohnung. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin in Abstimmung mit der beim Amt für Soziale Dienste angesiedelten Zentralen Fachstelle Wohnen einen Kostenübernahmeschein für die Pension H. aus. In der Folgezeit erhielt der Antragsteller Lebensmittelgutscheine.

Mit Schreiben vom 28.07.2008 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung zu. In dem Zuweisungsschreiben ist als Einsatzstelle das M. e.V. M.) - Recyclinghof Nord genannt. Unter Art der Tätigkeit heißt es “U65ST08 Grünservice„. Die Zuweisung erfolge am 29.07.2008 und ende voraussichtlich am 31.12.2008. Das Zuweisungsschreiben enthielt als Rechtsfolgenbelehrung nur den Hinweis, dass im Falle eines wiederholten unentschuldigten Fernbleibens des Beschäftigten nach erfolgloser Ermahnung des Anbieters die Maßnahme vorzeitig beendigt werden könne. Eine am selben Tag auch von dem Antragsteller unterzeichnete Eingliederungsvereinbarung enthielt die für Eingliederungsvereinbarungen übliche, verschiedene Fallgestaltungen ansprechende Rechtsfolgenbelehrung.

Nach Angaben des M. e.V. erschien der Antragsteller wohl nur gelegentlich. Mit Bescheid vom 14.10.2008 kürzte die Antragsgegnerin daraufhin für den Zeitraum 01.11.2008 bis 31.01.2008 vollständig die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, was nicht zuletzt zu einem Wegfall des Krankenversicherungsschutzes des Antragstellers führte. Da die Kosten der Unterkunft ebenfalls von der Absenkung betroffen waren, musste der Antragsteller die Pension H. verlassen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprach bei der Antragsgegnerin am 03.11.2008 teilte er mit, die Inhaberin der Pension halte seine persönlichen Gegenstände zurück. Zurzeit schlafe er “mal hier und dort„. Postalisch sei er bei seinem Bruder erreichbar. Die Zentrale Fachstelle Wohnen lehnte die Kostenübernahme für eine Notunterkunft ab.

Gleichwohl schlossen die Beteiligten am 18.11.2008 eine Eingliederungsvereinbarung, in der sich der Antragsteller verpflichtete, sich monatlich bei zehn potentiellen Arbeitgebern in schriftlicher Form zu bewerben. Daraufhin erhielt der Antragsteller weitere Lebensmittelgutscheine.

Mit Schreiben vom 09.01.2009, dem Antragsteller persönlich ausgehändigt, wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass er seiner Pflicht zur Vorlage von Eigenbemühungen nicht nachgekommen sei. Anlässlich dieses Gesprächs wies der Antragsteller darauf hin, dass er sich nicht bewerben wolle, solange er wohnungslos sei. Gleichzeitig fragte der Antragsteller nach, ob - sollte er sich eine Wohnung nehmen - diese Kosten übernommen würden, was von der zuständigen Sachbearbeiterin aufgrund der laufenden Sanktion verneint wurde. Etwas anderes könne höchstens dann gelten, wenn der Antragsteller zumindest einen 400,00 Euro-Job nachweise.

Nachdem der Antragsteller eine entsprechende geringfügige Beschäftigung nicht nachwies, senkte die Antragsgegnerin mit Sanktionsbescheid vom 22...

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