Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. selbstständige Arbeit. Bildung eines Durchschnittseinkommens im Bewilligungszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. "Zu berücksichtigendes Einkommen" im Sinne des § 41a Abs 4 S 2 Nr 2 SGB II ist das in den einzelnen Monaten des Bewilligungszeitraums nach allgemeinen Regeln (§§ 11ff SGB II) anzurechnende Einkommen.

2. Für die Ermittlung der Höhe des zu "berücksichtigenden Einkommens" im Sinne von § 41a Abs 4 S 2 Nr 2 SGB II aus selbstständiger Tätigkeit ist mithin § 3 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) ohne Einschränkungen anzuwenden (entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 11.05.2020 - L 18 AS 732/18 - juris).

3. "Gesamteinkommen im Bewilligungszeitraum" im Sinne des § 41a Abs 4 S 3 SGB II meint die nach den Regelungen der §§ 11, 11a iVm Alg II-V im Bewilligungszeitraum grundsätzlich zu berücksichtigenden Einnahmen. Deren Gesamtsumme (je Einkommensart) ist dann entsprechend der vom BSG entwickelten Maßgaben (vgl BSG vom 11.7.2019 - B 14 AS 44/18 R = SozR 4-4200 § 41a Nr 2 - juris RdNr 21, 41) auf die Monate des Bewilligungszeitraums zu verteilen und anschließend um die Absetzbeträge (§ 11b SGB II) zu bereinigen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der ihm abschließend gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit von Juli bis Dezember 2018 bzw. die damit verbundene Forderung des Beklagten die gewährten vorläufigen Leistungen teilweise zu erstatten.

Der 1957 geborene Kläger bezieht laufend Arbeitslosengeld II (Alg II) vom Beklagten. Parallel übt er eine selbstständige Tätigkeit als Architekt aus. Der Beklagte bewilligte dem Kläger für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2018 vorläufig Alg II in Höhe von monatlich 893,95 € (Bescheid vom 7. Juni 2018). Neben dem Regelbedarf und einem Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserbereitung berücksichtigte er einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Klägers von monatlich 468,38 €. Die Vorläufigkeit der Bewilligung begründete er mit der bestehenden selbstständigen Tätigkeit, wobei er zunächst aus dieser ein Einkommen von lediglich 0,01 € mithin nach Abzug der Freibeträge gar kein Einkommen bedarfsmindernd zugrunde legte.

Entsprechend der Aufforderung des Beklagten machte der Kläger nach Abschluss des Bewilligungszeitraums Angaben zu seinen Betriebseinnahmen und -ausgaben (korrigierte EKS vom 2. April 2019):

-       

Juli 2018:

Betriebseinnahmen 0 €;

Betriebsausgaben 369,91 €,

-       

August 2018:

Betriebseinnahmen 733,40 €;

Betriebsausgaben 619,84 €,

-       

September 2018:

Betriebseinnahmen 0 €;

 Betriebsausgaben 252,90 €,

-       

Oktober 2018:

Betriebseinnahmen 2.406,90 €;

Betriebsausgaben 1.001,67 €,

-       

November 2018:

Betriebseinnahmen 0 €;

 Betriebsausgaben 389,28 €,

-       

Dezember 2018:

Betriebseinnahmen 0 €;

Betriebsausgaben 309,85 €.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 6. Mai 2019 abschließende Leistungen in Höhe von monatlich 872,10 €. Mithin ergab sich eine Erstattungsforderung von 131,10 € (Erstattungsbescheid vom 6. Mai 2019). Der Beklagte legte einen Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit von monatlich 127,31 € seiner Berechnung zugrunde, weil er nicht alle geltend gemachten Betriebsausgaben anerkannte. Er erkannte die vom Kläger geltend gemachten Telefonkosten nur zur Hälfte an. Verschiedene geltend gemachte Tilgungsaufwendungen für Darlehen berücksichtigte er ebenfalls nicht. Gleiches betraf vom Kläger belegte Aufwendungen für eine private Hausrat- und Haftpflichtversicherung. Insgesamt erkannte er folgende Betriebsausgaben an: Juli 2018: 344,58 €, August 2018: 583,03 €, September 2018: 223,17 €, Oktober 2018: 655,93 €, November 2018: 299,77 €, Dezember 2018: 269,93 € (siehe wegen der Einzelheiten die Anlage zum Bescheid vom 6. Mai 2019).

Den Widerspruch des Klägers vom 13. Juni 2019 wies der Beklagte als zulässig aber unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. August 2019).

Der Kläger hat am 26. September 2019 Klage erhoben. Seine zunächst geltend gemachten Einwendungen gegen die Ablehnung der Anerkennung aller von ihm geltend gemachter Betriebsausgaben durch den Beklagten hat er in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten (vgl. Sitzungsniederschrift vom 18. Januar 2020). Er rügt noch die Einkommensberechnung des Beklagten. Dieser hätte kein Durchschnittseinkommen bilden dürfen. Vielmehr seien die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 41a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfüllt und mithin nur die im jeweiligen Monat tatsächlich zugeflossenen (Betriebs-)Einnahmen als Einkommen für diesen Monat zu berücksichtigen. Er bezieht sich insoweit auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 11. Mai 2020 (Az. L 18 AS 732/18).

Er beantragt,

den abschließenden Bewil...

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