Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Höhe der Rentenabfindung aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Wiederheirat bei zuvor wegen Einkommensanrechnung nicht geleisteter Witwen- bzw Witwerrente. Bestandskraft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Bescheid über eine Witwenrente bzw Witwerrente bindend geworden, so wirkt diese Bindung auch für den Abfindungsanspruch aus § 107 SGB VI fort.

2. Für die Berechnung des Monatsbetrags iS von § 107 SGB VI (und damit der zu leistenden Rentenabfindung) ist entscheidend, in welcher Höhe die Witwenrente bzw Witwerrente in dem nach §107 Abs 2 SGB VI maßgeblichen Zeitraum - nach Vornahme der Einkommensanrechnung - tatsächlich gezahlt wurde bzw aufgrund des ergangenen Rentenbescheids zu zahlen war.

 

Orientierungssatz

Zum Leitsatz 1 vgl BSG vom 29.4.1976 - 4/12 RJ 106/75 = BSGE 41, 294 = SozR 2200 § 1302 Nr 2 sowie vom 2.10.1984 - 5b RJ 76/83 = SozR 2200 § 1302 Nr 7.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Abfindung einer Witwerrente bei Wiederheirat.

Der Kläger schloss 1979 die Ehe mit Frau B. B. (im Folgenden: Versicherte). Am 6. März 2013 verstarb die Versicherte. Der Kläger übte seinerzeit eine Beschäftigung aus, aus welcher er Einkommen erzielte.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2014, geändert durch Bescheid vom 5. September 2014, bewilligte die Beklagte dem Kläger vom Todestag an große Witwerrente. Zugleich verfügte sie, dass die Rente wegen der Höhe des anzurechnenden Einkommens für die Zeit ab 1. Juli 2013 nicht zu zahlen sei. Tatsächlich erfolgte für die Zeit ab Juli 2013 auch keine Auszahlung der Rente.

Am 7. Mai 2014 heiratete der Kläger wieder.

Im März 2017 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Abfindung der Witwerrente. Er führte aus, dass er bei Bewilligung der Witwerrente noch berufstätig gewesen sei und Einkommen erzielt habe. Im September 2014 sei er jedoch erkrankt. Hierdurch hätten sich seine finanziellen Verhältnisse entscheidend verändert.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2017 lehnte die Beklagte den Abfindungsantrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2017 zurück. Sie führte zur Begründung ihrer Entscheidung an, dass die Voraussetzungen für eine Abfindung nach § 107 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht gegeben seien. Dem Kläger sei zwar eine Witwerrente bewilligt worden. Diese sei jedoch in dem für den Abfindungsanspruch maßgeblichen Zeitraum von Juli 2013 bis Mai 2014 wegen der Höhe des anzurechnenden Einkommens nach § 97 SGB VI tatsächlich nicht ausgezahlt worden. Insofern ergebe sich ein Abfindungsbetrag in Höhe von 0,00 Euro, weshalb die Zahlung einer Abfindung nicht in Betracht komme. Die Verminderung des Einkommens im Zuge der Erkrankung des Klägers (September 2014) sei erst eingetreten, nachdem der Anspruch auf Witwerrente bereits aufgrund der Wiederheirat erloschen sei.

Mit der am 23. Januar 2018 erhobenen Klage verfolgt der in der Schweiz lebende Kläger sein Begehren weiter. Er macht geltend, dass die Witwerrente auch dann abzufinden sei, wenn sie zuvor nicht gezahlt worden sei. Für die gegenteilige Auffassung finde sich im Gesetz kein Anhalt, zumal sie mit dem Gleichberechtigungsprinzip nicht vereinbar sei. Die Abfindung bei Wiederheirat sei ein Ausgleich für den Nichterhalt der Witwerrente. Wegen seiner Erkrankung und dem Wegfall seines Einkommens sei der ruhende Anspruch auf Witwerrente wieder zu aktivieren. Es sei im Übrigen fraglich, ob die Witwerrente richtig berechnet worden sei.

Einen konkreten Klageantrag hat der Kläger nicht gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Die Beteiligten haben sich unter dem 23. November 2018 (Beklagte) bzw. dem 26. November 2018 (Kläger) damit einverstanden erklärt, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet.

Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Kammer konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

II. Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2017. Der Kläger erstrebt unter Berücksichtigung seines Vorbringens (vgl. § 123 SGG) die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung sowie die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Witwerrentenabfindung.

III. Die so zu verstehende Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG). Die Klagefrist, die hier wegen Bekannt...

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