Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche. Anwendbarkeit des § 41a SGB 2 auf vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume. Verpflichtung zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen. angemessene Fristsetzung. ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung. Berücksichtigung von Einkommensangaben im Widerspruchsverfahren. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 4 AS 39/17 R

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 41a SGB II findet auf die Bewilligungszeiträume, die vor dem 1.8.2016 bereits beendet waren, keine Anwendung.

2. Die Länge der nach § 41a Abs 3 S 3 SGB II zu setzenden Frist bemisst sich nach den Einzelfallumständen. Eine Mindestfrist von 2 Monaten gilt nicht (entgegen SG Augsburg vom 3.7.2017 - S 8 AS 400/17).

3. Die Rechtsfolgenbelehrung nach § 41a Abs 3 S 3 SGB II muss auch die Angabe enthalten, dass die Nichteinreichung von Unterlagen die vollständige Rückzahlung der vorläufig bewilligten Leistungen zur Folge haben wird.

4. § 41a Abs 3 S 3 SGB II enthält keine Präklusionsvorschrift. Einkommensangaben der Leistungsberechtigten erst im Widerspruchsverfahren sind bei der endgültigen Festsetzung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.09.2018; Aktenzeichen B 4 AS 39/17 R)

 

Tenor

Die Bescheide des Beklagten vom 28. März 2017 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. April 2017 werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den endgültigen Leistungsanspruch des Klägers von Dezember 2014 bis August 2016 an den Beklagten zurückverwiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die endgültige Festsetzung seines Leistungsanspruchs für den Zeitraum von Dezember 2014 bis August 2016 sowie gegen die Erstattungsforderung des Beklagten in Höhe von insgesamt 22.370,73 EUR.

Der im Oktober 1968 geborene Kläger lebt in Berlin und ist aufgrund einer früheren Darmkrebserkrankung mit einem Grad von 60 schwerbehindert. In den Jahren 2014 bis 2016 lebte er allein und war als Biologie-Dozent und EDV-Berater selbständig tätig. Er bezog ergänzend zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Arbeitslosengeld II - einschließlich eines Zuschusses zu den Beiträgen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung (KV/PV-Zuschuss) - i.H.v. 1.019,60 EUR für Dezember 2014 und je 1.036,01 EUR für Januar bis Mai 2015. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte er neben dem Regelbedarf monatliche Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 332,50 EUR und somit einen monatlichen Gesamtbedarf von 723,50 EUR für Dezember 2014 und von 731,50 EUR für Januar bis Mai 2015, auf den er einen prognostizierten monatlichen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 150,01 EUR anrechnete. Zusätzlich bewilligte er vorläufig einen KV/PV-Zuschuss von monatlich 332,50 EUR.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Arbeitslosengeld II für den Zeitraum von Juni bis November 2015 in Höhe von monatlich 1.071,28 EUR. Er berücksichtigte - bei monatlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 332,50 EUR - einen monatlichen Gesamtbedarf von 731,00 EUR, auf den er entsprechend der vorläufigen Angaben des Klägers einen monatlichen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 105,30 EUR anrechnete. Zusätzlich bewilligte er vorläufig einen KV/PV-Zuschuss von monatlich 344,52 EUR.

Mit Bescheid vom 25. November 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II für Dezember 2015 i.H.v. 1.075,52 EUR und für Januar bis Mai 2016 von monatlich 1.078,92 EUR. Der vorläufigen Entscheidung legte er - bei unveränderten Unterkunftskosten - für Dezember 2015 einen monatlichen Bedarf von 731,00 EUR sowie von monatlich 734,40 EUR für Januar bis Mai 2016 zugrunde, auf den er entsprechend der klägerischen Prognose einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von monatlich 40,50 EUR anrechnete. Zusätzlich bewilligte er vorläufig einen KV/PV-Zuschuss von monatlichen 344,52 EUR.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Arbeitslosengeld II für den Zeitraum von Juni bis November 2016 in Höhe von monatlich 1.082,67 EUR. Er berücksichtigte - bei monatlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von nunmehr 335,40 EUR - einen monatlichen Gesamtbedarf von 739,40 EUR, auf den er entsprechend der vorläufigen Angaben des Klägers einen monatlichen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 117,65 EUR anrechnete. Zusätzlich bewilligte er vorläufig einen KV/PV-Zuschuss von monatlichen 357,48 EUR.

Die vorläufigen Bewilligungsentscheidungen des Beklagten enthielten jeweils den folgenden Passus:

“Eine abschließende Entscheidung ist erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im ...

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