Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs. Einnahme in Geldeswert im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit. Ein-Prozent-Methode

 

Leitsatz (amtlich)

Das in den Gehaltsabrechnungen nach der Ein-Prozent-Methode für die private Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens nach § 8 Abs 2 S 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 EStG berücksichtigte Einkommen ist jedenfalls dann als Einnahme in Geldeswert nach § 11 Abs 1 S 2 SGB II zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer die Wahl hat, ob er den Dienstwagen auch privat nutzt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.09.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 395/21 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht noch die Berücksichtigung der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienst-Pkws als Einkommen im Zeitraum September 2016 bis Februar 2017 in Streit. Für die Monate März 2017 bis August 2017 hat sich das Klageverfahren erledigt.

Die im Jahr 1961 geborene Klägerin steht im ergänzenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie ist bei der U.GmbH als Bürokraft und im Außendienst mit einem Arbeitsumfang von monatlich 30 Stunden angestellt. Seit Oktober 2014 hat die Klägerin einen Dienstwagen. Bevor die Klägerin den Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekam, hat sie auch für ihre Arbeit, bei der sie zwingend auf einen Pkw angewiesen ist, ein Privatfahrzeug genutzt, dass sie sich mit ihrer Tochter teilte. Nachdem die Tochter aus Berlin wegzog, den Pkw mitnahm und die Klägerin kein Auto mehr hatte, hat ihr Chef einen alten Familienwagen ausgemustert und ihn der Klägerin als Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Die Firma trägt die laufenden Kosten für das Fahrzeug, zahlt also die Steuern, Versicherung, Wartung und Reparatur und den Kraftstoff. Die anderen Kollegen nutzen ihren privaten Wagen und bekommen dafür Kilometergeld. Die Klägerin räumt ein, dass sie auf die private Nutzungsmöglichkeit des Pkws sicherlich hätte verzichten können. Dann wäre aber alles sehr schwierig gewesen. Aufgrund ihrer angeschlagenen Gesundheit müsse sie Arzttermine und Arbeitszeit in Einklang bringen und es sei sehr kompliziert die 5 km ohne Auto zur Arbeit zu kommen.

Das Gehalt der Klägerin lag im noch streitgegenständlichen Zeitraum bei monatlich brutto 1.200 €. Hinzu kam der Arbeitgeberanteil für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich 20 €. Für Privatfahrten betrug ihr weiteres monatliches Bruttoeinkommen 125 € und für die Fahrten Wohnung/Arbeit 18,75 €. Das Gesamtbruttoeinkommen lag damit bei 1.363,75 € und das Gesamtnettoeinkommen bei monatlich 1.027,41 €, bzw. 1.029,75 € im Januar 2017. Die Auszahlung des Lohnes erfolgte jeweils im Folgemonat. Von September 2016 bis Januar 2017 wurden dem Konto der Klägerin ein Gehalt in Höhe von monatlich 843,66 € und im Februar 2017 in Höhe von 842,59 € gutgeschrieben. Seit dem 9. Januar 2017 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 20. Februar 2017 bezog sie Krankengeld in Höhe von 27,18 € kalendertäglich. Ausgezahlt wurde das Krankengeld erstmals im März 2017.

Die Gesamtaufwendungen für die Unterkunft und Heizung der Klägerin belaufen sich seit April 2014 auf monatlich 420 €. Die Wohnung wird mit Heizöl beheizt. Die Warmwasserversorgung erfolgt dezentral über einen Durchlauferhitzer.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. August 2016 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum September 2016 bis August 2017 Leistungen in Höhe von monatlich 125,88 €. Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2016 wurden die Leistungen ab Januar 2017 auf 131 € angehoben. Als Bruttoeinkommen berücksichtigte der Beklagte 1.220 € und als Nettoeinkommen 1.007,41 €, bereinigt 707,41 €.

Am 16. September 2016 legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, dass ihr tatsächliches Nettoeinkommen nur 843,66 € betrage.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2016 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er ging davon aus, dass der Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen i. H. v. 20 € anrechnungsfrei bleibe, weil er nicht als bereites Mittel zur Verfügung stehe. Die Beträge für die private Dienstwagennutzung in Höhe von monatlich 143,75 € seien aber zusätzlich zu berücksichtigen, auch wenn nur 843,66 € ausgezahlt würden.

Am 1. Dezember 2016 hat die Klägerin beim erkennenden Gericht Klage erhoben. Der von dem Beklagten gewährte Bedarf reiche nicht aus, um den bestehenden Hilfebedarf vollständig zu decken. Im davor liegenden Zeitraum seien ihr noch 258,29 € gewährt worden, obwohl sich der Bedarf nicht geändert habe.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2017 hat der Beklagte die Leistungen für die Monate Februar und März 2017 teilweise aufgehoben, für den Monat Februar 2017 i. H. v. 2,34 € und für den Monat März 2017 i. H. v. 131 €. Den am 23. Juni 2017 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2017 als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen am 25. September 2017 unter dem Aktenzeichen S 1...

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