Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Einnahmen in Geldeswert. Zufluss im Rahmen einer Erwerbstätigkeit. Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung

 

Orientierungssatz

Die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung stellt eine als Einkommen zu berücksichtigende Einnahme in Geldeswert nach § 11 Abs 1 S 2 SGB 2 dar, weil sie im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erbracht wird (vgl BSG vom 5.8.2021 - B 4 AS 83/20 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 90).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.09.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 395/21 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Berücksichtigung der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienst-Pkws als Einkommen im Zeitraum September 2016 bis Februar 2017.

Die im Jahr 1961 geborene Klägerin steht im ergänzenden Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB Il). Sie ist bei der U i A A G als Bürokraft sowie im Außendienst angestellt. Für diese Tätigkeit ist sie auf einen Pkw angewiesen. Seit Oktober 2014 hat die Klägerin einen Dienstwagen. Ihr Chef stellt ihr seither einen früheren Familienwagen (Hyundai i10 Baujahr 2008) zur Verfügung. Die Übernahme des Fahrzeuges erfolgte bei einem Kilometerstand von 89.000 km. Die Arbeitgeberin trägt die laufenden Kosten für das Fahrzeug, zahlt also die Steuern, Versicherung, Wartung, Reparatur und den Kraftstoff.

Das Gehalt der Klägerin lag im (noch) streitgegenständlichen Zeitraum bei monatlich brutto 1.200 €. Hinzu kam der Arbeitgeberanteil für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich 20 €. Für den Dienstwagen waren steuerlich weitere 125 € und für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit 18,75 € anzusetzen. Das Gesamteinkommen lag damit monatlich bei 1.363,75 € brutto und 1.027,41 € netto, bzw. 1.029,75 € im Januar 2017. Die Auszahlung des Lohnes erfolgte jeweils im Folgemonat.

Die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung der Klägerin belaufen sich seit April 2014 auf monatlich 420 €. Die Wohnung wird mit Heizöl beheizt. Die Warmwasserversorgung erfolgt dezentral über einen Durchlauferhitzer.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. August 2016 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum September 2016 bis August 2017 Leistungen in Höhe von monatlich 125,88 €.

Von September 2016 bis Januar 2017 wurden dem Konto der Klägerin ein Gehalt in Höhe von monatlich 843,66 € und im Februar 2017 in Höhe von 842,59 € gutgeschrieben.

Die Kläger erhob Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2016 zurückwies. Zur Begründung heißt es u. a., dass der Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen i. H. v. 20 € anrechnungsfrei bleibe, weil er nicht als bereites Mittel zur Verfügung stehe. Die Beträge für die private Dienstwagennutzung in Höhe von monatlich 143,75 € seien aber zusätzlich zu berücksichtigen, auch wenn nur 843,66 € ausgezahlt würden.

Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2016 hob der Beklagte die Leistungen ab Januar 2017 auf 131 € monatlich an. Als Bruttoeinkommen berücksichtigte er 1.220 € und als Nettoeinkommen 1.007,41 €, bereinigt 707,41 €.

Am 1. Dezember 2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage gegen den Bescheid vom 31. August 2016 erhoben.

Seit dem 9. Januar 2017 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Sie hat ab dem 20. Februar 2017 Krankengeld in Höhe von 27,18 € kalendertäglich bezogen. Ausgezahlt worden ist das Krankengeld erstmals im März 2017.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2017 hat der Beklagte die Leistungen unter anderem für den Monat Februar in Höhe von 2,34 € aufgehoben.

Den hiergegen am 23. Juni 2017 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Die dagegen am 25. September 2017 (Az. S 167 AS 12287/17) eingelegte Klage wurde mit Beschluss des SG vom 12. März 2018 zum Verfahren der 127. Kammer hinzu verbunden.

Der Beklagte hat im Erörterungstermin vor dem SG am 28. November 2018 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 9. Juni 2017 für den Monat Februar 2017 wieder aufgehoben und mit Schriftsatz vom 21. Januar 2019 für diesen Monat einen weiteren Anspruch in Höhe von 1,07 € anerkannt. Die Klägerin hat diese Teilanerkenntnisse angenommen.

Der Beklagte hat nunmehr für Februar 2017 ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.006,34 € (842,59 € + 20 € Eigenanteil vermögenswirksame Leistung + 143,75 € Dienstwagen) berücksichtigt.

Die Arbeitgeberin der Klägerin hat eine Bescheinigung eingereicht, wonach nach grober Schätzung der Anteil der Dienstfahrten 75% aller Fahrten betrage.

Die Klägerin hat eingeräumt, dass sie auf eine private Nutzung des Pkws hätte verzichten können.

Der Beklagte hat vorgetragen, der Vorteil für die Klägerin ergäbe sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs. Wolle die Klägerin das Fahrzeug nicht privat nutzen, sei es ihr zumutb...

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