Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 13. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2012 wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 100.609,76 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer Betriebsprüfung in Höhe von insgesamt 100.609,76 EUR.

Die Klägerin betreibt unter der Fa. C. ein Unternehmen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung mit Einstellung, Einsatz und Beschäftigung gewerblicher und kaufmännischer Arbeitnehmer als Zeitpersonal bei Betrieben und Unternehmen aller Art. Sie verfügt über eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Die bei der Klägerin beschäftigten Leiharbeitnehmer waren für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 auf der Basis des zwischen der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), dem Bundesverband Deutscher Dienstleistungsunternehmen e.V. (BVD), dem Arbeitgeberverband Mercedarius geschlossenen Tarifvertrags beschäftigt.

Aufgrund eines bestandskräftigen Bescheides vom 18.09.2008 hatte die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2007 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 348,13 EUR festgesetzt.

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12.2010 (Az.: 1 ABR 19/10), wonach die CGZP nicht tariffähig sei, führte die Beklagte in der Zeit vom 19.12.2011 bis 03.02.2012 bei der Klägerin eine erneute Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Mit Anhörungsschreiben vom 06.02.2012 nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilte sie der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, aufgrund der Feststellungen der stichprobenweise durchgeführten Prüfung für den Prüfzeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 100.609,76 EUR zu erheben. Die Bestätigung der Tarifunfähigkeit der CGZP durch das BAG habe die Unwirksamkeit der geschlossenen Tarifverträge zur Folge, so dass es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 AÜG komme. Dadurch könne der betroffene Leiharbeitnehmer von dem Verleiher den Lohn eines im Betrieb des Entleihers beschäftigten, vergleichbaren Arbeitnehmers beanspruchen. Die Differenz zwischen dem zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers sei somit individuell nachzuerheben, wobei sich folgende prozentuale Lohnabstände aufgrund der ermittelten Durchschnittswerte ergeben würden:

Gruppe Helfer 8,00 %

Gruppe Fachhelfer 10,70 %

Gruppe Facharbeiter 2,05 %

Gruppe Bürohilfen 5,20 %

Gruppe Sachbearbeiter 1,10 %

Gruppe Ingenieure 2,50 %

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 05.03.2012 Einwendungen. Das BAG habe die Tarifunfähigkeit lediglich gegenwartsbezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim Landesarbeitsgericht - LAG - Berlin-Brandenburg (am 07.12.2009) und nicht für die Vergangenheit festgestellt. Die Klägerin genieße aufgrund des bestandskräftigen Prüfbescheids vom 18.09.2008 für die Zeiträume 2006 bis 2007 Vertrauensschutz und aufgrund der geänderten Rechtsprechung des BAG zumindest bis zum 21.12.2010. Auch könne eine rückwirkende Unwirksamkeit von Tarifverträgen aus Praktikabilitätsgründen nicht richtig sein. Der betroffene Arbeitgeber genieße auch aus arbeitsrechtlicher Sicht Vertrauensschutz. Die Vergütungsdifferenzen seien zudem für die Gruppe der Helfer, Facharbeiter, Sachbearbeiter und Ingenieure deutlich überschritten.

Anschließend stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2012 anhörungsgemäß die Nachforderung an Sozialversicherungsbeiträgen fest. Zwar habe das BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 die Frage der Tarifunfähigkeit nur gegenwartsbezogen beantwortet. Die tragenden Gründe seien jedoch auch auf die Zeit vor 2009 zu übertragen. Auch bestehe an der vom BAG offen gelassenen Frage, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen geschlossen worden sei und über die soziale Mächtigkeit verfügt habe, erhebliche Zweifel, da höchstens 0,18 % der im Jahre 2008 beschäftigten Leiharbeitnehmer Mitglieder der in der CGZP zusammengeschlossenen Vereinigung gewesen seien. Im Rahmen der summarischen Prüfung sei davon auszugehen, dass die Gewerkschaft von Anfang an tarifunfähig gewesen und die geschlossenen Tarifverträge damit unwirksam seien. Vertrauensschutz hinsichtlich der Tariffähigkeit könne nicht bestehen. Der bestandskräftige Bescheid vom 18.09.2008 aufgrund der letzten Betriebsprüfung stehe der Beitragserhebung nicht entgegen. Dieser stelle regelmäßig nur einen ausschließlich belastenden Verwaltungsakt dar, schließe eine weitergehende als die festgesetzte Forderung jedoch nicht aus. Eine Betriebsprüfung könne nicht umfassend und erschöpfend sein und dürfe sich auf bestimmte Einzelfälle oder ...

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