Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. mehrere Vorschuss- bzw Abschlagszahlungen aus einem Beschäftigungsverhältnis und -monat. keine mehrfache Absetzung der Erwerbstätigenfreibeträge

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf mehrfache Inanspruchnahme des Grund- und Erwerbstätigenfreibetrages besteht nicht im Fall der Auszahlung des Arbeitsentgelts aus demselben Beschäftigungsverhältnis und -monat in Form von Abschlags- bzw Vorschuss- und Restzahlungen verteilt auf mehrere Monate.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.03.2022; Aktenzeichen B 4 AS 24/21 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. November 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides die Einkommensanrechnung im Monat Februar 2015 streitig, insbesondere, ob Abschlagszahlungen aus einem Beschäftigungsverhältnis als sonstiges Einkommen oder als Erwerbseinkommen zu qualifizieren sind und die Erwerbstätigenfreibeträge nach §§ 11, 30 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ggf. mehrfach zu berücksichtigen sind.

Die 1993 geborene Klägerin zu 1) lebte mit ihrem am … 2014 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2), und ihrem Partner und Vater des Klägers zu 2), J… S… (im Folgenden: Herr S…), in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1) bezog vom 21. Januar 2014 bis 20. Januar 2015 Elterngeld in Höhe von 300,00 EUR und daran anschließend bis zum 20. Januar 2016 Elterngeld in Höhe von 150,00 EUR; der Kläger zu 2) erhielt Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR. Seit dem 6. August 2014 war Herr S… ohne Beschäftigung. Die Kosten der Unterkunft betrugen 383,50 EUR bruttokalt zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 94,50 EUR und Heizkosten in Höhe von 140,00 EUR.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 18. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2015 Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 in Höhe von monatlich 1.341,09 EUR. Dabei legte er einen Regelbedarf in Höhe von je 360,00 EUR für die Klägerin zu 1) und Herrn S… sowie einen Regelbedarf in Höhe von 234,00 EUR für den Kläger zu 2) und Kosten der Unterkunft und Heizung (im Folgenden: KdU) in Höhe von insgesamt 618,00 EUR zu Grunde. Als berücksichtigungsfähiges Einkommen kam Elterngeld in Höhe von 76,92 EUR (150,00 EUR Elterngeld ./. 73,08 EUR mtl. Freibetrag wegen Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1) im Mai und Juni 2013) abzüglich der Versicherungs-pauschale sowie das Kindergeld zur Anrechnung.

Am 5. Februar 2015 teilte Herr S… die bevorstehende Aufnahme einer befristeten Erwerbstätigkeit ab dem 16. Februar 2015 für die A… - Aa… AG - mit. Ausweislich des Arbeitsvertrages betrug der Stundenlohn 10,00 EUR brutto, die Vergütung war spätestens am 15. des Folgemonats fällig. Der Beklagte errechnete einen fiktiven Monatslohn in Höhe von 1.760,00 EUR brutto/1.228,37 EUR netto und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 10. Februar 2015 Leistungen für die Zeit vom 1. März 2015 bis 31. Juli 2015 in Höhe von monatlich 442,71 EUR. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 16. Februar 2015 änderte der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 18. Februar 2015 die Leistungsgewährung ab dem 1. März 2015 ab und bewilligte für März 2015 Leistungen in Höhe von 897,27 EUR unter Anrechnung eines fiktiven Bruttoeinkommens in Höhe von 880,00 EUR (berücksichtigtes Einkommen: 443,82 EUR); für die Monate April bis Juli 2015 verblieb es bei der Leistungsgewährung im Änderungsbescheid vom 10. Februar 2015.

Am 2. April 2015 teilte Herr S… die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der A… zum 12. April 2015 sowie die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma N… (M… R…) ab dem 14. April 2015 mit. Gleichzeitig reichte er die Verdienstbescheinigung der Firma A… für Februar 2015 ein, wonach er ein Entgelt in Höhe von 768,20 EUR brutto/573,06 EUR netto erzielte. Für den Monat Februar 2015 erhielt er im Februar 2015 mehrere Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 355,00 EUR in bar (16.02.2015: 20 EUR; 18.02.2015: 10 EUR, 23.02.2015: 25,00 EUR und 26.02.2015: 300 EUR); der Restbetrag in Höhe von 218,06 EUR ging am 19. März 2015 auf dem Konto ein. Die Verdienstbescheinigung für März 2015 wies ein Entgelt in Höhe von 1.281,70 EUR brutto/1.008,77 EUR netto aus. Im Rahmen von Abschlagszahlungen erhielt Herr S… im März 2015 100 EUR in bar (9.03.2015: 50 EUR; 23.03.2015: 25 EUR; 31.03.2015: 25 EUR) sowie am 30. März 2015 weitere 400,00 EUR per Überweisung; die Restzahlung in Höhe von 508,77 EUR wurde am 21. April 2015 dem Konto gutgeschrieben. Für den Monat April 2015 weist die Verdienstbescheinigung ein Gehalt in Höhe von 1.167,28 EUR brutto/818,92 EUR netto aus, wobei am 7. April 2015 ein Abschlag in Höhe von 25,00 EUR in bar und die Restzahlung in Höhe von 793,92 EUR am 21. Mai 2015 dem Konto gutgeschrieben wurde. Herr S… reichte d...

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