Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Auswahlentscheidung des Berufungsausschusses. Nachbesetzungsverfahren im gesperrten Planungsbereich

 

Orientierungssatz

Zur Beurteilung einer Auswahlentscheidung des Berufungsausschusses bei einer Praxisnachfolge (Nachbesetzungsverfahren) in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Konkurrentenverfahren) hinsichtlich

- der Sicherstellung einer ortsnahen fachärztlichen Versorgung und

- der Anwendung der Auswahlkriterien "berufliche Eignung", "Approbationsalter", "Dauer der ärztlichen Tätigkeit" und "Warteliste".

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 5. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8.).

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) bis 7.) im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzuges der Zulassung der Beigeladenen zu 8.) zur vertragsärztlichen Tätigkeit.

Der Antragsteller ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Krankheiten, seit dem 27. Dezember 1994 als Arzt approbiert und seit Januar 2006 nach vorangegangener Tätigkeit als Leitender Oberarzt HNO im B.-krankenhaus H. als angestellter Arzt der A.-Klinik Ha. tätig. Er ist seit dem 29. Oktober 2003 in die Warteliste für einen Vertragsarztsitz eingetragen und bewarb sich erstmals im August 2005 und - nachdem die Ausschreibung zwischenzeitlich zurückgezogen worden war - erneut im November 2005 auf den zum 1. April 2006 frei werdenden Vertragsarztsitz des HNO-Arztes Dr. R., Ra.. Neben dem Antragsteller bewarben sich die Beigeladene zu 8.), Fachärztin für HNO-Krankheiten, seit dem 3. Dezember 1979 approbiert, bis März 1989 als angestellte Klinikärztin, dabei zuletzt leitende Oberärztin im Universitätsklinikum L. und seitdem mit Unterbrechungen als Vertretung in mehreren HNO-Vertragsarztpraxen tätig, seit dem 15. Dezember 2005 in die Warteliste eingetragen, sowie zwei weitere Bewerber(innen) (Dr. Aa. K. und S. Rb. T.).

Der Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein ließ mit Bescheid vom 27. Februar 2006 (Beschl. vom 22. Februar 2006) die Beigeladene zu 8.) mit Wirkung ab 1. April 2006 als Fachärztin für HNO-Heilkunde in Ra., D. 10, zu und lehnte die übrigen Anträge ab. Hierzu führte er unter Darlegung der Auswahlkriterien des § 103 Abs. 4 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) näher aus, aus der Aufstellung der Bewerberdaten (S. 3 des Bescheides) ergebe sich, dass die Beigeladene zu 8.) erheblich länger approbiert sei als die Mitbewerber. Sie sei darüber hinaus auch deutlich länger ärztlich tätig (dabei wurden bei der Beigeladenen zu 8.) 167 Monate, bei dem Antragsteller 141,5 Monate, bei Dr. K. 87 Monate und bei Herrn T. 103 Monate berücksichtigt). Die längere Eintragung des Antragstellers in die Warteliste habe die längere Dauer der Approbation und die längere ärztliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 8.) nicht aufwiegen können. Auch das relativ kurze Bestehen der Job-Sharing-Gemeinschaftspraxis zwischen Dr. R. und Herrn T. sei in diesem Zusammenhang nicht entscheidungsrelevant, da gemäß § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V eine Berücksichtigung erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit erfolge.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend: Die Zulassung der Beigeladenen zu 8.) diene ausschließlich der Umgehung der Zulassungsvorschriften. Die Beigeladene zu 8.) solle so lange offiziell Inhaberin des Vertragsarztsitzes sein, bis die Job-Sharing-Zeit von fünf Jahren mit Herrn T., dem Wunsch-Übernahmekandidaten des Dr. R., abgelaufen sei. Danach werde sie den Vertragsarztsitz erneut ausschreiben, und Herr T. werde dann wegen der inzwischen 5-jährigen Job-Sharing-Dauer die Zulassung erhalten. Die Beigeladene zu 8.) werde in diesen fünf Jahren ihre Tätigkeit allenfalls in dem Umfang ausüben, in dem sie auch derzeitig als Vertretungsärztin tätig sei. Es dürfte zwischenzeitlich auch bereits ein Antrag der Beigeladenen zu 8.) vorliegen, die Praxis in Job-Sharing mit Herrn T. zu betreiben. Hierfür spreche, dass die Beigeladene zu 8.) sich auf die erste Ausschreibung des Vertragsarztsitzes aus Juli 2005 nicht beworben und Dr. R. die Ausschreibung zurückgezogen habe, obwohl bereits der Übernahmevertrag mit ihm, dem Antragsteller, ausgehandelt gewesen sei. Zudem habe die Beigeladene zu 8.) in einem Telefonat mit Herrn Dr. Ka., Chefarzt der HNO-Abteilung am B.-krankenhaus, geäußert, dass sie kein Interesse daran habe, den Kassenarztsitz über längere Zeit zu behalten, sondern ihn in ca. fünf Jahren wieder abgeben wolle. Der Zulassungsausschuss habe zudem die Dauer der ärztlichen Tätigkeit bei ihm und bei der Beigeladenen zu 8.) unrichtig berechnet. So habe er bei der Beigeladenen zu 8.) ihre etwa 1.330 Vertretungstage als ...

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