0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft. Als Vorgängervorschrift diente in der Zeit vom 1.7.2001 bis zum 31.12.2017 § 29, der bis auf leichte Veränderungen beim Sprachgebrauch inhaltlich dem heutigen § 45 Satz 1 entspricht.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Ansprüche selbst können aus § 45 nicht hergeleitet werden. § 45 animiert die Rehabilitationsträger lediglich dazu, sich bei ihrer Förderung der Selbsthilfeeinrichtungen untereinander abzustimmen (Soll-Vorschrift). Durch abgestimmte Entscheidungsstrukturen und öffentlich gemachte Fördergrundsätze soll eine bessere und ausgeglichene Planungssicherheit sowie eine größere Förderungstransparenz für die Institutionen der Selbsthilfe erreicht werden. Aufgrund Satz 2 der Vorschrift soll die Förderung von Selbsthilfeeinrichtungen auch transparenter werden.

Als Selbsthilfeeinrichtungen i. S. d. § 45 werden Institutionen verstanden, deren Mitglieder/Nutzer meist von einer Gefährdung ihres gesundheitlichen physischen oder psychischen Wohlbefindens selbst oder als Angehörige betroffen sind und auf verschiedene Weise ihre Mitglieder/Nutzer gesundheitlich (auch seelisch) unterstützen. Typische Tätigkeitsbereiche der Selbsthilfe sind u. a. Beratung von Betroffenen, Organisation von Kontakten, Öffentlichkeitsarbeit, Ermöglichung eines Erfahrungsaustauschs sowie praktische Hilfestellungen für eine gesunde Lebensgrundlage.

2 Rechtspraxis

2.1 Zielsetzung

 

Rz. 3

§ 45 hat dem Grunde nach wegen § 7 Abs. 1 für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung nur eine deklaratorische Bedeutung, weil die Fördervoraussetzungen in den jeweiligen rehabilitationsträgerspezifischen Leistungsgesetzen geregelt sind. Ansprüche auf eine Förderung der Selbsthilfe ergeben sich letztendlich

  • in der gesetzlichen Krankenversicherung aus § 20h SGB V und
  • in der gesetzlichen Rentenversicherung aus § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI (Kann-Bestimmung) i. V. m. den "Muster-Richtlinien über Zuwendungen durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an Einrichtungen, die auf dem Gebiet der Rehabilitation forschen oder die Rehabilitation fördern (Zuwendungsrichtlinien)" (Text vgl. Komm. zu § 31 SGB VI).

Für die gesetzliche Unfallversicherung ermöglicht § 39 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII einen Freiraum zur Beteiligung an den Kosten der Selbsthilfe im Rahmen der sonstigen Leistungen zur Erreichung und zur Sicherstellung des Erfolges der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe. Nach Auffassung des Autors betrifft diese Förderung nicht eine Selbsthilfeinstitution als solche, sondern lediglich eine versichertenbezogene Förderung. Die Unfallversicherungsträger werden jedoch nicht daran gehindert, an der Erarbeitung einheitlicher Fördergrundsätze nach § 45 SGB IX teilzunehmen, um die Verteilung der zur Verfügung stehenden Fördergelder usw. nach einheitlichen Grundsätzen zu regeln.

Das Bundesversorgungsgesetz (BVG) sieht durch die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung eine Förderung gemäß § 27d Abs. 2 BVG vor. Sie beinhaltet die Erbringung von Leistungen in Einzelfällen für die individuelle Teilnahme an Angeboten der Selbsthilfe. Im Übrigen ergibt sich die gleiche Rechtsfolge wie bei der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Vorschriften der Träger der Jugend- und Eingliederungshilfe enthalten keine Regelung zur Förderung der Selbsthilfe als Institution. Sie sind an der Erarbeitung der Gemeinsamen Empfehlung zur Förderung der Selbsthilfe gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch nicht beteiligt, weil § 26 Abs. 2 Nr. 6 keine Beteiligung der Träger der Jugend- und Eingliederungshilfe vorsieht. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe sollen sich aber bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben an dieser Gemeinsamen Empfehlung orientieren. Sie können ihr auch beitreten (vgl. § 26 Abs. 5 Satz 2; vgl. auch BT-Drs. 13/9514 S. 29).

Da aus § 45 als solche keine konkreten Förderungsansprüche von Selbsthilfeinstitutionen hergeleitet werden können, hat § 45 im Wesentlichen lediglich eine zwischen

  • der Bundesagentur für Arbeit
  • den Trägern der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie
  • den Trägern der Kriegsopferversorgung und -fürsorge (im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden)

durchzuführende Förderabstimmung zum Inhalt (Soll-Vorschrift). Ziel ist, die Förderung der Selbsthilfe transparent und abgestimmt – also in ihrer Gesamtheit "gerecht"– vorzunehmen. Damit wird vermieden, dass Projekte und Institutionen ungerechtfertigt doppelt bezuschusst oder gefördert werden und andere Projekte/Institutionen insgesamt gesehen keine Förderung erhalten.

§ 45 hat nur für die Selbsthilfeeinrichtungen Bedeutung, die sich dem Bereich der Gesundheitsförderung im rehabilitativen Bereich widmen.

Art und Umfang der Förderung und ihre Verteilung liegen im Ermessen der oben aufgeführten Rehabilitationsträger; eine Selbsthilfeinstitution hat somit keinen ...

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