0 Rechtsentwicklung

0.1 Bisheriges Recht

 

Rz. 1

Die Regelung ist neu, so dass kein Vorläufer der Regelungen vorhanden ist.

0.2 Vergleich zum Vertragsrecht des Zehnten Kapitels SGB XII ab 1.1.2020

 

Rz. 2

Eine vergleichbare Regelung kennt das Vertragsrecht des allgemeinen Sozialhilferechts i. d. F. Art. 13 BTHG nicht. Es sieht keine Rechtsgrundlage für von bestehenden Leistungs- und Finanzierungsstrukturen abweichende Ansätze vor. § 132 ist lex specialis des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe.

0.3 Begrenztes Inkrafttreten zum 1.1.2018 – vollständiges Inkrafttreten zum 1.1.2020

 

Rz. 3

§ 132 tritt zwar bereits zum 1.1.2018 in Kraft. Ihre volle Wirksamkeit entfaltet die Regelung aber erst mit Inkrafttreten der Strukturreform der Eingliederungshilfe (neu) zum 1.1.2020. Im Zeitraum 2018 und 2019 bildet die Vorschrift nur eine Ermächtigungsgrundlage neue abweichende Zielvereinbarungen vom Vertragsrecht des Achten Kapitels mit Wirkung zum 1.1.2020 vorzubereiten und abzuschließen (vgl. Komm. zu § 123 Rz 6). Auf Basis des § 132 können bereits ab 2018 Zielvereinbarungen mit Wirkung zum 1.1.2020 getroffen werden.

1 Allgemeines

 

Rz. 4

§ 132 legitimiert (nur) für das Vertragsrecht der Eingliederungshilfe Zielvereinbarungen, die von den Regelungen des allgemeinen Vertragsrechts nach dem Teil 2 des Achten Kapitels SGB IX i. d. F. Art. 1 BTHG ab 1.1.2020 abweichen können.

 

Rz. 5

Abs. 1 ermöglicht den Leistungsträgern und den Trägern der Leistungserbringer zur Erprobung neuer und zur Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Finanzierungsstrukturen von den sonstigen Regelungen des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe abzuweichen. Voraussetzung ist die einvernehmliche Festsetzung durch die beteiligten Parteien.

Abs. 2 stellt klar, dass der Abschluss von Zielvereinbarungen den individuellen Leistungsanspruch der Leistungsberechtigten nicht einschränken darf.

Der Abschluss von Zielvereinbarungen nach Abs. 1 ist nicht möglich, soweit über die Leistungen der Eingliederungshilfe hinaus auch Leistungen der Hilfe zur Pflege durch die Träger der Sozialhilfe geleistet werden (Abs. 3).

2 Rechtspraxis

2.1 Inhalt der Zielvereinbarungen

 

Rz. 6

Die Zielvereinbarung kann neue Wege der Bestimmung von Leistungsinhalten und Vergütungsabreden enthalten aber auch Inhalte der Vereinbarungen nach Teil 2 des Achten Kapitels SGB IX i. d. F. Art. 1 BTHG ab 1.1.2020 ergänzen (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 306).

Zu Vergütungsvereinbarungen nach § 125 Abs. 3 werden alternative Methoden wie Leistungsmengenbudgets, Leistungserbringerbudgets und Sozialraumbudgets diskutiert. Diese können aber aufgrund der Öffnungsklausel in § 125 Abs. 3 Satz 4 auch bereits als Vereinbarung Vertragsinhalt einer Vergütungsvereinbarung werden.

Die Bildung und Ausschreibung von Leistungskontingenten ist allerdings kritisch zu sehen. Hier kommt es sehr auf die Details und die Marktchancen des gesamten Bewerberfeldes an. Rechtsprechung und Literatur sehen die Gefahr einer möglichen Umgehung des Verbots der Einbeziehung von Bedarfsgesichtspunkten in das Abschlussermessen (vgl. Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 75 Rz. 64; Glahs/Rafi, sozialrecht aktuell 2016 S. 176; OVG Berlin, Urteil v. 4.4.2005, OVG 6 S 415/04, RsDE (2006) Nr. 63 S. 67, 73). Auch kann eine Vergabepraxis mit Bildung von Leistungskontingenten wettbewerbsbeschränkend wirken (Pietzcker, NVwZ 2007 S. 1225, 1227).

 

Rz. 7

Unter § 132 könnte auch eine Umstellung des Einkaufs von Fachleistungen der Eingliederungshilfe auf das Vergaberecht fallen. Wettbewerbsrechtliche Vorgaben würden nicht beeinträchtigt. Aber insbesondere im Hinblick auf das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten und die damit verbundene Auswahlmöglichkeit der Leistungsanbieter ist eine Auslegung des § 132, die eine Anwendung des Vergaberechts eröffnet, kritisch zu sehen. Eine Abweichung von den Bestimmungen der §§ 123 ff. durch § 132 setzt voraus, dass das sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis gewahrt bleibt (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 306; vgl. auch Komm. zu § 123 Rz. 9). So schreibt Abs. 2 auch ausdrücklich die Wahrung der Rechte der Leistungsberechtigten vor.

2.2 Verhältnis zu individuellen Leistungsansprüchen (Abs. 2)

 

Rz. 8

Abs. 2 stellt klar, dass individuelle Leistungsansprüche der Leistungsberechtigten durch eine Zielvereinbarung nach Abs. 1 nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Die Konkretisierung des Leistungsfalls erfolgt ausschließlich durch die im zivilrechtlichen Schenkel des Dreiecksverhältnisses abgeschlossene Vereinbarung des Leistungsberechtigten mit dem Leistungserbringer auf der Grundlage der im Teilhabeplan/Gesamtplan (§§ 19 und 121) festgelegten Teilhabeziele, konkretisiert im Verwaltungsakt des Trägers der Eingliederungshilfe (§ 120).

2.3 Keine Zielvereinbarungen in Verbindung mit Leistungen der Hilfe zur Pflege (Abs. 3)

 

Rz. 9

Der Abschluss einer Zielvereinbarung ist ausgeschlossen, wenn neben Fachleistungen der Eingliederungshilfe auch Leistungen der Hilfe zur Pflege durch Träger der Sozialhilfe geleistet werden (Abs. 3). Nicht ausgeschlossen sind Zielvereinbarungen, wenn neben Fachleistungen der Eingliederungshilfe lediglich Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung in Betracht kommen, wie die in den neuen Wohnformen nach § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gedeckelte pauschale Beteiligung der Sozialen Pflegeversicherung (§ 43a SGB XI i. d. F. d. Dritten Pflegestärkungsg...

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