0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Norm ist neu mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) in das SGB IX aufgenommen worden und am 1.1.2018 in Kraft getreten. § 13 ist ein Element des Teilhabeplanverfahrens nach § 19 (vgl. Oppermann, in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 12 Rz. 3 mit Verweis auf Fuchs, Intention des Gesetzgebers zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13 SGB IX und Begriffsbestimmung – Teil I: Intention des Gesetzgebers hinter altem und neuem Recht; Beitrag A16-2018 unter www.reha-recht.de; 19.9.2018 Ziff. III. 2). Eine Vorgängernorm besteht nicht. Die Vorgaben zur Erarbeitung Gemeinsamer Empfehlungen, welche bis zum 31.12.2017 in § 13 geregelt waren, finden sich jetzt in § 26.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Mit § 13 wird der Anstoß gegeben, die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs der Leistungsberechtigten durch eine zügige Zuständigkeitsklärung in den Vordergrund zu stellen, indem den Rehabilitationsträgern vorgeschrieben wird, diese Ermittlung zu vereinheitlichen, ihre Durchführung – auch zum Zwecke der Überprüfbarkeit – zu standardisieren und somit die Ermittlungsvorgänge transparent, nachprüfbar und vergleichbar zu machen. Zugleich soll die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs entsprechend den Bedürfnissen des jeweiligen Leistungsberechtigten individuell und funktionsbezogen erfolgen und ihre Dokumentation eine Nachprüfbarkeit ermöglichen, ob und inwieweit eine Bedarfsermittlung stattgefunden hat. Nach § 14 genügt ein einziger Antrag, um alle erforderlichen Leistungen auch von verschiedenen Rehabilitationsträgern zu erhalten. § 13 stellt für den Leistungsempfänger sicher, dass er bei jedem Rehabilitationsträger gleiche Qualitätsstandards hinsichtlich der Arbeitsprozesse und Arbeitsmittel (Instrumente) zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfes vorfindet. Zur Koordinierung der Leistungen und für ein nahtloses Antrags-, Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahren i. S. v. §§ 14 ff. schaffen die Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs die Grundlage. Die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs durch einen Rehabilitationsträger sollte für die anderen gleichfalls nutzbar sowie bindend sein. Damit diese Akzeptanz zwischen den Leistungsträgern erreicht wird, leisten einheitliche Standards bei den Instrumenten einen wesentlichen Beitrag. Von den Anforderungen an die Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13 können die Rehabilitationsträger unter dem Vorrang ihrer Leistungsgesetze aufgrund von § 7 Abs. 2 Satz 2 nicht abweichen. Das zeigt, welche exponierte Stelle der Gesetzgeber dieser Norm beimisst. Schlussendlich sollen Streitigkeiten über Zuständigkeitsfragen nicht zulasten der Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen gehen.

2 Rechtspraxis

2.1 Systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel als Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfes

 

Rz. 3

Die Norm schreibt § 12 fort, in dem nach einer frühzeitigen Bedarfserkennung im zweiten Schritt der Rehabilitationsbedarf zu ermitteln ist. § 13 fordert die Rehabilitationsträger auf, sich zu systematischen Arbeitsprozessen und standardisierten Arbeitsmitteln (Instrumenten) gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 7 zu verabreden. Dabei sollen die Instrumente einheitlich und nachprüfbar sein. Auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAR) sind dazu entsprechende gemeinsame Empfehlungen vereinbart. Unter systematischen Arbeitsprozessen können z. B. gemeinsame Erhebungs-, Analyse- und Dokumentationsstandards, aber auch standardisierte Arbeitsmittel wie funktionelle Prüfungen (z. B. Sehtest, Intelligenztest oder Hörtest), Selbstauskunftsbögen und IT-Anwendungen (Screeningverfahren) vereinbart werden. Vorhandende Instrumente zur Erkennung des Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe sind unter Nutzung der Möglichkeiten des bio-psycho-sozialen Modells der ICF weiterzuentwicklen und, wo möglich, trägerübergreifend zu vereinheitlichen (BAR Gemeinsame Empfehlung Zuständigkeitsklärung und Reha-Prozess, § 13 Abs. 6). Damit kein einheitlich niedriger Standard festgesetzt wird, bestimmt Abs. 2 einen für alle Rehabilitationsträger geltenden Maßstab. Unabhängig einer gemeinsamen Vereinbarung muss jeder Rehabilitationsträger nach seinen geltenden Leistungsgesetzen den Rehabilitationsbedarf vollständig und korrekt ermitteln. Die Gemeinsamen Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) sind für die Träger der Eingliederungshilfe nicht bindend, sodass für die Träger der Eingliederungshilfe die Instrumente der Bedarfsermittlung gemäß § 118 in der zum 1.1.2020 in Kraft getretenen Fassung mit zu berücksichtigen sind. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 können die Rehabilitationsträger die Entwicklung von Instrumenten durch ihre Verbände und Vereinigungen wahrnehmen lassen oder Dritte mit der Entwicklung beauftragen.

 

Rz. 4

Unabhängig von § 13 können die Leistungsgesetze weitergehende und speziellere Vorgaben festlegen, die den Besonderheiten der jeweiligen Leistungssysteme gerecht werden oder auf eine Konkretisierung verzichten und damit den Rehabilitationsträgern weite fachliche Spielräume...

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