Rz. 3

§ 288a ist eine Schutzvorschrift für Ratsuchende, die sich nicht von der Agentur für Arbeit, sondern auf dem freien Markt, ggf. auch zusätzlich zur Agentur für Arbeit, beraten lassen. Die Untersagung betrifft Berufsberatung außerhalb der Agentur für Arbeit. Der Gesetzgeber hat dabei insbesondere jugendliche Ratsuchende im Blickwinkel, die der Gefahr ausgesetzt sind, dass sich Berufsberatende die Berufsberatung zu Nutze machen, um Zugang zu den Jugendlichen zu erhalten, und sie im Zuge der Beratung als Mitglieder einer Vereinigung zu werben. Die Vorschrift bezieht sich jedoch auf alle Ratsuchenden, die Agenturen für Arbeit haben auch einzuschreiten, wenn dies zum Schutze Erwachsener erforderlich ist.

 

Rz. 4

§ 288a trägt auch dem Umstand Rechnung, dass für die Berufsberatung kein Zulassungsverfahren gilt, während dessen die befürchteten Gefahren bereits durch entsprechende Prüfungen ganz oder teilweise ausgeschaltet werden könnten. Der Schutz der Vorschrift ist umfassend. Er bezieht sich nicht allein auf die Fälle groben Missbrauchs, etwa die Werbung um Beitritt zu einer Sekte. Ein Schutzbedürfnis der Ratsuchenden kann sich auch daraus ergeben, dass die private Berufsberatung nicht qualifiziert oder vertrauenswürdig ist oder aber unverhältnismäßig auf Gewinn ausgerichtet wird, dass sie politisch, religiös oder weltanschaulich motiviert ausgeübt wird, oder auf Kundenfang ausgerichtet ist.

 

Rz. 5

Im Ergebnis handelt es sich bei § 288a um eine reaktive Vorschrift, die auf eindeutige Hinweise über eine missbräuchliche Berufsberatung angewiesen ist, um ein Untersagungsverfahren eröffnen zu können. Dem steht die unbürokratische Eröffnung der Berufsberatung z. B. durch Schulen und Kammern als Vorteil gegenüber.

 

Rz. 6

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich private Berufsberatung gegen Entgelt nur durchsetzen kann, wenn sie gegenüber der Bundesagentur für Arbeit qualitativ konkurrenzfähig ist. Das ist allerdings insbesondere für Jugendliche nur schwer zu beurteilen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Eltern mit einem Einkommen oberhalb der unteren Einkommensschichten bei Misserfolgen z. B. der Ausbildungsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit, gleich aus welchen Gründen, bereit sein werden, ihre Kinder ggf. auch zusätzlich einer entgeltlichen Berufsberatung zuzuführen. In Bezug auf Vergütungen deutet auch § 290 auf ein Schutzbedürfnis i. S. v. § 288a hin, in Bezug auf Interessenkollisionen auch § 289.

 

Rz. 7

Abs. 1 verpflichtet die Agentur für Arbeit zur Untersagung der Berufsberatung, sofern dies zum Schutz der Ratsuchenden erforderlich ist. Die Untersagung ist gegenüber dem aktiv tätigen Berufsberatenden durch eine Anordnung des Unterlassens umzusetzen. Die Entscheidung über eine Untersagung liegt nicht im Ermessen der Agentur für Arbeit. Sie hat die Untersagung vorzunehmen, wenn nach ihrer Überzeugung eine Untersagung zum Schutz der Ratsuchenden erforderlich ist. Die Entscheidung über die Untersagung nach Abs. 1 Satz 2 gegenüber dem Leiter des Betriebes ist hingegen eine Ermessensentscheidung. Sie kommt in Betracht, wenn der Leiter seine Stellung im Betrieb missbräuchlich nutzt, sich aber keine Anhaltspunkte für den Missbrauch durch die Berufsberatenden selbst ergeben. In solchen Fällen dürfte das Ermessen der Agentur für Arbeit regelmäßig auf Null reduziert sein.

 

Rz. 8

Die Untersagung ist gegenüber dem Berufsberatenden, allen Berufsberatenden und dem Leiter des Betriebes der juristischen Person oder Personengesellschaft auszusprechen, wenn dies aufgrund des Schutzzweckes erforderlich ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn missbräuchliche Berufsberatung sozusagen aus geschäftspolitischer Motivation heraus betrieben wird, es z. B. zur Zielsetzung einer (seit dem 1.1.2024) rechtsfähigen Personengesellschaft gehört, jugendliche Ratsuchende zu werben.

 

Rz. 9

Die Untersagung der Berufsberatung ist auch teilweise möglich. Eine solche Untersagung kann sich der Natur der Sache nach auf einzelne Personen beziehen, aber nur schwerlich auf den zu beratenden Personenkreis. Auch hinsichtlich dieser Teilentscheidung ist der Agentur für Arbeit kein Ermessen eingeräumt. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, unter welcher Bezeichnung missbräuchliche Berufsberatung durchgeführt worden ist, sofern es sich um Elemente aus § 30 gehandelt hat.

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