Rz. 8

Der Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 Abs. 1 SGB III begründet nach allgemeiner Ansicht einen öffentlich-rechtlichen Anspruch der Agentur für Arbeit (BSG, Urteil v. 12.12.1990, 11 RAr 43/88). Der Grundsicherungsträger ist berechtigt, die Auskunftspflicht des Arbeitgebers auch durch Verwaltungsakt geltend zu machen und im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen (BSG, Urteil v. 4.6.2014, B 14 AS 38/13; Thommes, in: Gagel, SGB II, § 57 Rz. 18; a. A. wohl Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 57 Rz. 18, der aus dogmatischen Gründen eine Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch Leistungsklage für gegeben hält). Gleichzeitig besteht parallel zu der öffentlich-rechtlichen Pflicht ein aus § 242 BGB der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers abgeleiteter bürgerlich-rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers, sodass nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil v. 15.1.1992, 5 AZR 15/91; BAG, Urteil v. 30.8.2000, 5 AZB 12/00) für die Erteilung der Arbeitsbescheinigung der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG (bürgerliche Rechtstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über Arbeitspapiere) gegeben ist.

 

Rz. 8a

Wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber auf Erteilung der Bescheinigung klagt, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 57 Rz. 23 ff.; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 57 Rz. 24; Birk, in: Münder/Geiger, SGB II, § 57 Rz. 1). Unter den Begriff Arbeitspapiere i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2e ArbGG lässt sich § 57 subsumieren. Allerdings liegt in der Aufforderung der Agentur für Arbeit, die den Anspruch überhaupt erst zur Entstehung gelangen lässt, ein erheblicher Unterschied, weshalb im Gegensatz zu § 312 Abs. 1 SGB III die Konstruktion des parallelen bürgerlich-rechtlichen Fürsorgepflichtanspruchs Bedenken unterliegt. Dies jedenfalls dann, wenn der Anspruch wie im Regelfall des § 57, ein nachwirkender Anspruch aus einem beendeten Arbeitsverhältnis ist. Die Pflichtenbindung nimmt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab.

 

Rz. 8b

Der Träger der Grundsicherung ist an den Inhalt der vom Arbeitgeber erteilten Auskunft nicht gebunden (BSG, Urteil v. 12.12.1990, 11 RAr 43/88). Dies hat zur Folge, dass der Träger die Angaben des Arbeitgebers jederzeit überprüfen kann. Er ist zur Überprüfung von Amts wegen verpflichtet, wenn Zweifel an den Angaben des Arbeitgebers bestehen (Becker, in: jurisPK-SGB II, § 57 Rz. 36). Der SGB II-Träger kann bei stehenden Zweifel an den Angaben des Arbeitgebers weitere Beweismittel, z. B. Zeugen heranziehen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären.

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