Rz. 9

Aktivitäten der Jobcenter (§ 44b) bzw. zugelassenen kommunalen Träger (§ 6a) nach Abs. 2 sind auf das Ausschöpfen von Ansprüchen gegenüber jeglichen anderen Trägern von Leistungen ausgerichtet, auch außerhalb des Sozialgesetzbuchs. Die Träger der Kranken- und Rentenversicherung werden ausdrücklich genannt, weil ihnen gegenüber besonders häufig Ansprüche bestehen können, die zum Wegfall oder zur Minderung von Leistungen nach dem SGB II führen können.

 

Rz. 10

Beratung und Hilfe sind umfassend zu verstehen. Daraus folgt, dass die Initiative von den Leistungsträgern nach dem SGB II schon ausgelöst wird, wenn sich entfernte Anhaltspunkte auch nur für einen Beratungsbedarf bei der Bedarfsgemeinschaft ergeben. Es obliegt den Trägern der Grundsicherung nicht, eine Negativabgrenzung vorzunehmen, also z. B. erkannten Bedarf als Informationsbedarf zu qualifizieren und deshalb davon abzusehen, auf eine Beratung hinzuwirken.

 

Rz. 11

§ 4 Abs. 2 ist nicht isoliert zu betrachten. Es ist laufende Aufgabe der Leistungsträger auch aus § 5 Abs. 3, die Notwendigkeit eigener Anträge bei anderen Trägern zu prüfen. Weil daneben eigentlich die Selbsthilfe des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Vordergrund stehen soll, entsteht ein gesetzliches, intransparentes und undurchdringliches Geflecht, das keine klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten mehr zuweist.

 

Rz. 11a

Abs. 2 Satz 1 richtet sich unmittelbar an die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. In den Aufgaben nach Abs. 2 Satz 2 bis 4 findet diese Einschränkung richtigerweise nicht statt, für die Ansprache durch die Träger kommt es auf Erwerbsfähigkeit der anzusprechenden Personen nicht an.

 

Rz. 12

Hinwirken auf den Erhalt von Beratung und Hilfe bedeutet in der Praxis eine Aufforderung, bei einem potenziellen Träger i. S. d. Abs. 2 um Information und Beratung nachzusuchen. Diese Aufforderung kann sich im Einzelfall als unzureichend erweisen, um der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Aus Abs. 2 erwächst das Erfordernis, die Hilfebedürftigen zu begleiten, also laufend zu prüfen, ob sie qualifizierte Beratung und Hilfe auch tatsächlich erhalten. Gegebenenfalls muss das Jobcenter bzw. der zugelassene kommunale Träger von Amts wegen bei dem in Betracht kommenden Träger auf dessen Erfüllung seiner Verpflichtungen drängen. In Abs. 2 Satz 1 werden die Kranken- und Rentenversicherungsträger ausdrücklich genannt, weil deren Leistung ggf. so umfangreich ist, dass Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vollständig entfällt und damit die gesamte Bedarfsgemeinschaft aus dem Leistungsbezug ausscheidet.

 

Rz. 13

Das Jobcenter bzw. der zugelassene kommunale Träger wird bei Anhaltspunkten auf Bedarf an Beratung oder Hilfe jedenfalls dann eine förmliche Aufforderung an den betroffenen Berechtigten richten, wenn die Hilfe des anderen Trägers für die Eingliederung in Arbeit oder den Umfang zu zahlender Geldleistungen von Bedeutung sein kann. Wegen der Eilbedürftigkeit, z. B. aufgrund einer Antragstellung als Anspruchsvoraussetzung für eine Leistung oder Voraussetzung für den Beginn einer Leistung, werden Sachverhalte nach Abs. 2 eher nicht über eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 abgewickelt werden können. Die Hinwirkungspflichten entstehen aber gerade beim (Neu-)Zugang von Leistungsberechtigten. Ausweislich der Gesetzesbegründung löst eine Aufforderung an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, ein Mitglied oder die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sich an einen anderen Träger zu wenden, Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I aus, soweit das SGB II keine entsprechende Mitwirkungspflicht eigenständig regelt. Kommt der Berechtigte seinen Mitwirkungspflichten trotz einer schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung i. S. d. § 66 Abs. 3 SGB I nicht nach, droht ihm eine Versagung bzw. Entziehung von Leistungen nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 und 2 SGB I. Das bedeutet ein Aussetzen der Leistungszahlung jedenfalls bis zur Nachholung der Mitwirkung. Welche Leistung versagt oder entzogen wird, richtet sich nach der Hilfe, also der Leistung des anderen Trägers. Die Versagung oder Entziehung aller nach dem SGB II in Betracht kommenden Leistungen wäre unzulässig. Die drohende Rechtsfolge ist im Zusammenhang mit der schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung konkret, ggf. auch dem Umfang nach, zu bezeichnen.

 

Rz. 14

Daraus ist ersichtlich, dass die Fachkräfte der Jobcenter vor Ort über ein komplexes, übergreifendes Fachwissen verfügen müssen, damit mögliche Beratungsfälle in anderen Rechts- und Sozialleistungssystemen überhaupt erkannt werden können. Es liegt nahe, dass eine Bündelung der arbeitsförderungsrechtlichen und kommunalen Kompetenzen dabei hilfreich ist. Die Integrationsfachkräfte in den Jobcentern sind längst zu Coaches für die Leistungsberechtigten geworden.

 

Rz. 15

Abs. 2 Satz 2 und 3 sind zum 1.4.2011 neu angefügt worden. Sie tragen dem Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende Rechnung, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene stärker und zielgerichteter als bisher zu fördern. Die zuständigen Träger haben na...

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