Rz. 75

Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 schützt Vermögen, dessen Einsatz zu Wohnzwecken von Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen erforderlich ist. Diese müssen nicht selbst Inhaber des Vermögens sein. Sie müssen auch nicht die zukünftigen Eigentümer des Hausgrundstückes werden. Die Vorschrift nennt 2 Fälle: die baldige Beschaffung oder den Erhalt eines Hausgrundstückes zu den genannten Zwecken. Die Regelung erfasst über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch Eigentumswohnungen. Damit will der Gesetzgeber sozialpolitisch gewünschten Aktivitäten, z. B. häusliche Pflege statt Heimunterbringung, nicht durch Verwertung von dafür vorgesehenem Vermögen entgegentreten. Beschaffung schließt neben Erwerb und Neubau auch die Erweiterung oder den Anbau, Erbbauverträge und Dauerwohnrechte ein. Letzteres resultiert aus dem gesetzgeberischen Ziel des Schutzes des Wohnens als Grundbedürfnis. Erhalt ist ein Sammelbegriff für die Instandsetzung und Instandhaltung. Die Regelung hat das SGB XII zum Vorbild, die dort entwickelten Grundsätze können auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen werden.

 

Rz. 76

Gesetzgeberisches Ziel ist neben der Angleichung des Rechts an das SGB XII, den Einsatz von Vermögen nicht zu gefährden, das zur Schaffung oder zum Erhalt von Wohnraum für Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftige Menschen dient. Von diesem Ziel wird nicht die Schaffung oder der Erhalt von Wohnraum für weitere Personen erfasst. Deshalb erlaubt die Vorschrift nicht den Schutz des Erwerbs oder Erhalts eines Hausgrundstückes von angemessener Größe schlechthin, sondern nur zu diesem Zweck. Praktisch bedeutet das die Berücksichtigung von Vermögen, das darüber hinaus zum Erwerb oder Erhalt von Wohnraum für weitere Personen vorgesehen ist. In dieser engen Auslegung würde der Sinn der Regelung allerdings verfehlt, denn wenn weitere Menschen ohne Behinderungen und nicht pflegebedürftige Personen außer dem Pflegenden vorhanden sind, müsste das Gesamtprojekt aus wirtschaftlichen Gründen scheitern und damit würde auch kein Wohnraum für die Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen geschaffen. Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 kann daher nur dahingehend verstanden werden, dass mit der Anschaffung oder den Erhaltungsmaßnahmen eines Hausgrundstückes von angemessener Größe für alle vorgesehenen Bewohner auch angemessener, den spezifischen Erfordernissen der Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen gerecht werdender Wohnraum gesichert wird. Ist die Nutzung des Vermögens auf Schaffung oder Erhalt von Wohnraum unangemessener Größe ausgerichtet, kann es nicht geschont werden (vgl. dazu Urteil des BSG v. 17.12.2002, B 7 AL 126/01 R). Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 deckt auch den Erwerb eines Dauerwohnrechts und eine entsprechende Ausstattung in einem bereits vorhandenen Hausgrundstück. In Bezug auf die angemessene Größe kann im Übrigen auf die Auslegung nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Bezug genommen werden.

 

Rz. 77

Um zu vermeiden, dass Vermögen ohne Rechtsgrund geschützt wird, muss vom Leistungsberechtigten der Nachweis erbracht werden, dass das Vermögen für Wohnzwecke der pflegebedürftigen Mitglieder innerhalb oder außerhalb der Bedarfsgemeinschaft oder solcher mit Behinderungen eingesetzt werden soll und dies bald realisiert wird. Dafür reicht es aus, wenn innerhalb eines Jahres konkrete Realisierungsschritte unternommen werden. Anhaltspunkte können Planungsunterlagen, Vorverträge, konkrete Aufträge, Finanzierungsverträge oder -zusagen sein. Bei Erhaltungsmaßnahmen können konkretere Anforderungen gestellt werden als bei Neubauten. Rechtliche Hindernisse, z. B. im Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Erteilung einer Baugenehmigung, rechtfertigen eine angemessene Verlängerung der Frist bis zum Baubeginn. Dasselbe gilt, wenn das Eigenkapital noch unzureichend ist. Andererseits ist der Vermögensschutz nicht mehr angezeigt, wenn eine Realisierung der Wohnraumbeschaffung erst in mehreren Jahren zu erwarten ist. Allerdings ist insoweit eine Einzelfallbetrachtung anzustellen. Eine 5 Jahre nach Antragstellung beabsichtigte Beschaffung durch Umwandlung von Geld- in Immobilienvermögen stellt keine baldige Beschaffung eines Hausgrundstückes i. S. d. Vorschrift dar (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 31.5.2011, L 3 AS 147/09). Das LSG ist auch der Auffassung, dass Vermögen nicht nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 geschützt ist, wenn es auch in Verbindung mit möglichen weiteren Einkünften nicht ausreicht, um in absehbarer Zeit ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung zu erwerben.

 

Rz. 78

Die Schwere der Behinderung oder Pflegebedürftigkeit muss mit der Beschaffung oder Erhaltung des Hausgrundstückes in Zusammenhang stehen. Grundsätzlich sind die Begriffsbestimmungen in § 2 SGB IX und § 14 SGB XI maßgebend. Einerseits genügt möglicherweise nicht jegliche Behinderung, andererseits wird z. B. keine Schwerbehinderteneigenschaft gefordert werden können. Das Gesetz verlangt auch keine bestimmte Pflegestufe. Soweit noch nicht vorhanden, sind Zweifelsfrage...

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