Rz. 2

Die Vorschrift führt einen vergabespezifischen Mindestlohn für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder SGB III ein, mit dem bestehende Lücken – insbesondere aufgrund des sog. Überwiegensprinzips – geschlossen werden sollen. Es handelt sich um den ersten vergabespezifischen Mindestlohn auf Bundesebene. Er baut nicht auf dem allgemeinen Mindestlohn auf.

 

Rz. 2a

Abs. 1 Satz 1 schafft die Rechtsgrundlage für die Einführung eines vergabespezifischen Mindestentgelts i. V. m. einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) bei Ausführung öffentlicher Aufträge über Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB III, das durch eine nach Abs. 2 zu erlassende Rechtsverordnung näher bestimmt wird (so geschehen für die Zeit ab 1.1.2018). Das Gesetz ordnet schlicht an, dass Träger bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags über Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB III im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Mindestentgelt entsprechend der Rechtsverordnung nach Abs. 2 zu zahlen haben. Die Regelung und die noch zu erlassende Rechtsverordnung sollen auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 Satz 1 des SGB II auch für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gelten. Die Vorgaben in der Rechtsverordnung werden dadurch schon im Gesetz als verbindlich bestimmt.

 

Rz. 2b

Abs. 1 Satz 2 erweitert die Zahlung des Mindestentgelts auf den Personenkreis der Leiharbeitnehmer. Dabei stellt der Gesetzgeber durch Verwendung des Wortes "mindestens" sicher, dass etwaige höhere Ansprüche der Leiharbeitnehmer dadurch nicht in Frage gestellt werden. Ziel des Gesetzes ist die Gewährleistung eines Mindestentgelts, nicht aber eine Kürzung höherer Entgeltansprüche auf das Mindestentgelt nach der Rechtsverordnung.

 

Rz. 2c

Abs. 1 Satz 3 ergänzt Abs. 1 Satz 2 folgerichtig um die Regelung, dass durch die Rechtsverordnung nach Abs. 2 keine zwingenden Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II bzw. dem SGB III aus der Verordnung nach § 7 Abs. 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG), namentlich nicht die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts, außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden.

 

Rz. 2d

Abs. 2 ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, das Nähere zum sachlichen, persönlichen und zeitlichen Geltungsbereich des vergabespezifischen Mindestentgelts (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) sowie die Höhe des vergabespezifischen Mindestentgelts und dessen Fälligkeit (Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) festzulegen. Im Hinblick auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache RegioPost soll das vergabespezifische Mindestentgelt für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder SGB III einerseits ein Mindestmaß an sozialem Schutz für das Personal der Träger gewährleisten, andererseits betragsmäßig nicht über dem Mindestentgelt nach der auf Grundlage des AEntG erlassenen Verordnung für die Branche der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder SGB III liegen. Die Rechtsverordnung nach Abs. 2 sollte daher der Gesetzesbegründung zufolge die Vorgaben aus der jeweils geltenden AEntG-Rechtsverordnung übernehmen, um die Tarifvertragsparteien nicht aus der Verantwortung zum Abschluss eines Mindestlohntarifvertrages zu entlassen.

 

Rz. 2e

Durch Abs. 3 will der Gesetzgeber klarstellen, dass für die Einhaltung des vergabespezifischen Mindestentgelts die gleichen Anforderungen und Rechtsfolgen im Vergabeverfahren gelten wie für die Einhaltung des Mindestentgelts nach dem AEntG. Dazu wird ausdrücklich bestimmt, dass die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeverordnung anzuwenden sind. Damit werden eine Reihe gesetzlich normierter und sozialpolitisch erwünschter Charakteristika in den Ausführungsrahmen integriert. Daraus wird auch deutlich, dass es sich bei dem vergabespezifischen Mindestlohn um eine Erweiterung der schon bestehenden branchenspezifischen Mindestlöhne handelt, die das AEntG bereits vorsieht. In der Literatur wird das Entgelt als eine neue dritte Säule gesetzlicher Vorschriften beschrieben, die ein Mindestentgelt oder einen Mindestlohn vorschreiben.

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