Rz. 22

Abs. 1 enthält neben dem Grundsatz der Notwendigkeit von Erreichbarkeit für den Leistungsbezug die beiden Elemente Aufenthalt im näheren Bereich des Jobcenters und Kenntnisnahmemöglichkeit von Mitteilungen und Aufforderungen des Jobcenters an jedem Werktag.

 

Rz. 23

Der nähere Bereich wird nicht direkt räumlich definiert, z. B. in Jobcenterbezirken oder Umkreiskilometern, sondern danach ausgerichtet, welche konkreten Orte der erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit normalem Aufwand erreichen können soll.

 

Rz. 24

Es ist weiterhin davon auszugehen, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte das Jobcenter in kürzester Frist dann ohne unzumutbaren Aufwand täglich erreichen kann, wenn für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 75 Minuten oder für den Hin- und Rückweg zusammen nicht mehr als 2,5 Stunden benötigt werden (wie zuvor in Anlehnung an § 140 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Das ist durch die Rechtsprechung zu früherem Recht wiederholt bestätigt worden (vgl. Bay. LSG, Urteil v. 16.1.2013, L 11 AS 583/10, und v. 15.12.2009, L 10 AL 395/05). Damit wird z. B. gewährleistet, dass anders als früher vereinzelt in der Praxis über den Aufenthalt im näheren Bereich (früher auch Nahbereich) gestritten werden kann, wenn der Leistungsberechtigte per Flugzeug aus einer Urlaubsregion in der Lage ist, das Jobcenter kurzfristig aufzusuchen. Je nach den örtlichen Gegebenheiten können z. B. die Größe des Jobcenterbezirkes oder die Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs zu berücksichtigen sein, z. B. in großflächigen Landkreisen wie der Mecklenburgischen Seenplatte oder Ludwigslust-Parchim.

 

Rz. 25

Im Regelfall wird es allerdings nicht auf diese kürzeste Frist ankommen, sondern eine längere Frist maßgeblich sein, die der Gesetzgeber als vermittlungsrelevante angemessene Zeitspanne bezeichnet. Diese wird für jede relevante Handlung im Vermittlungsprozess gesondert festzulegen sein, sich aber für die Regelfälle regelmäßig wiederholen, z. B. eine Vorsprache im Jobcenter zur Unterbreitung eines konkreten Stellenangebotes innerhalb von 2 bis 3 Werktagen seit der Kenntnisnahme von der Bitte um Vorsprache (mit konkretem Vorsprachetermin). Das eröffnet zwar die Möglichkeit einer Anreise mit dem Flugzeug, dieser wird aber über den Weg des unzumutbaren oder die Eigenleistungsfähigkeit übersteigenden Aufwandes ein Riegel vorgeschoben. Nachgeprüft werden muss das vom Jobcenter nicht unbedingt, das entspräche nicht dem vom Gesetzgeber propagierten neuen Vertrauensverhältnis, solange der Leistungsberechtigte der Aufforderung des Jobcenters Folge leistet.

 

Rz. 26

Dasselbe gilt für eine Aufforderung, bei einem potenziellen Arbeitgeber vorzusprechen, z. B. auch für ein formales Vorstellungsgespräch, je nach den Vorstellungen oder Anforderungen des Arbeitgebers. Relevant sind alleine die diesbezüglichen Mitteilungen oder Aufforderungen des Jobcenters, nicht etwa ein direkter Anruf des Arbeitgebers. Die i. S. von Erreichbarkeit verbleibende Zeit zur Vorsprache oder sonstigen Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber wird dem Leistungsberechtigten durch das Jobcenter mitgeteilt.

 

Rz. 27

Auch zu Integrationsmaßnahmen muss der Leistungsberechtigte in vermittlungsrelevanter angemessener Zeitspanne erscheinen können, allerdings nach dem ausdrücklichen Verlangen des Gesetzgebers nur im Zuständigkeitsbezirk des Jobcenters. Dahinter verbirgt sich die Überlegung, dass es sich bei weiter entfernt stattfindenden Maßnahmen häufig auch um längerfristige Maßnahmen handeln wird, die einer aufwändigeren Vorbereitung bedürfen.

 

Rz. 28

Einem Missbrauch der vermittlungsrelevanten angemessenen Zeitspanne begegnet der Gesetzgeber durch die zusätzliche Eingrenzung des näheren Bereichs auf Aufenthaltsorte, von denen der erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Einzelfall das Jobcenter, den Arbeitgeber oder die Integrationsmaßnahme ohne unzumutbaren oder die Eigenleistungsfähigkeit übersteigenden Aufwand aufsuchen kann. Für den unzumutbaren Aufwand ist wiederum die Dauer maßgebend, bis das jeweilige Ziel vom Aufenthaltsort erreicht ist. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte das Jobcenter in längster Frist dann ohne unzumutbaren Aufwand erreichen kann, wenn für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 75 Minuten oder für den Hin- und Rückweg zusammen nicht mehr als 2,5 Stunden benötigt werden (wie zuvor in Anlehnung an § 140 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Das ist durch die Rechtsprechung zu früherem Recht wiederholt bestätigt worden (vgl. Bay. LSG, Urteil v. 16.1.2013, L 11 AS 583/10, und v. 15.12.2009, L 10 AL 395/05). Nach § 1 Abs. 2 ErrV reicht es allerdings aus, wenn die einfache Strecke in 2,5 Stunden überwunden werden kann. Auch längere Wegezeiten können als angemessen anerkannt werden. Hierfür sind die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall vor Ort ausschlaggebend. In zeitlicher Hinsicht wird nach der Verordnungsbegründung festgelegt, dass die einfache Fahrt maximal 2,5 Stunden in Anspruch nehmen darf. Ausgangspunkt ist der Ort, an dem sich die leistungs...

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