Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. sachliche Voraussetzung. ingenieurtechnische Beschäftigung. Ingenieurin für Wirkerei und Strickerei

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ingenieur erfüllte die sachliche Voraussetzung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn er im Rahmen seines Berufsbildes beschäftigt und nicht berufsfremd eingesetzt war; eine ingenieurtechnische Beschäftigung mit unmittelbarem Produktionsbezug war nicht erforderlich (Fortführung von BSG vom 7.9.2006 - B 4 RA 47/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 12).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. Oktober 2005 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2003 verpflichtet, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 16.08.1972 bis 04.10.1979 und vom 03.09.1981 bis 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 16.08.1972 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.

Die 1950 geborene Klägerin absolvierte von September 1965 bis August 1967 erfolgreich eine Lehre zur Strumpffacharbeiterin und arbeitete sodann bis August 1969 in diesem Beruf beim VEB Feinstrumpfwerke Esda. Von September 1969 bis August 1972 studierte die Klägerin an der Ingenieurschule für Textiltechnik und erlangte dort mit Urkunde vom 28.07.1972 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung “Ingenieur für Wirkerei und Strickerei„ zu führen. Von August 1972 bis Oktober 1979 war die Klägerin als Textilingenieur und Technologe beim VEB Strumpfkombinat Esda tätig. Von Januar 1980 bis August 1981 war die Klägerin als Helferin und Sekretärin beim Rat des Stadtbezirkes Süd der Stadt K. tätig. Von September 1981 bis Dezember 1988 arbeitete die Klägerin beim VEB Strumpfwaren K. als Abteilungsleiterin Arbeitsökonomie und sodann von Januar 1989 bis 30.06.1990 und darüber hinaus beim gleichen Unternehmen als Abteilungsleiterin Arbeitsökonomie und als Stellvertreter des Direktors Kader, Arbeit und Bildung. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) ist die Klägerin nicht beigetreten. Eine Versorgungszusage ist ihr zu DDR-Zeiten nicht erteilt worden.

Die Klägerin beantragte am 03.07.2000 bei der Beklagten Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Der Beklagten lagen die Ingenieururkunde und die Sozialversicherungsausweise der Klägerin in Kopie vor. Mit Bescheid vom 19.09.2002 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14.03.2003 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin zurück. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30.06.1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht anwendbar. Die Klägerin sei zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu tragen. Sei jedoch nicht als Ingenieur, sondern als Abteilungsleiter Arbeitsökonomie bzw. stellvertretender Direktor Kader/Bildung beschäftigt gewesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.03.2003 Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt hat. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin ingenieur-technisch oder verwaltende Arbeiten ausgeübt habe. Die Klägerin sei im Bereich der Normung tätig gewesen. In diesem Bereich seien vor allem Einsparungsmöglichkeiten geprüft worden, die die Produktion aufgrund den mangelnden Arbeitskräften weiter entwickeln hätten können, um die vorhandenen Arbeitskräfte effektiv einzusetzen. Dabei handele es sich um eine tatsächlich technische Entwicklungstätigkeit. Die Aufgaben der Klägerin seien vorrangig die Überarbeitung von bestehenden Normen in den verschiedenen Arbeitsgängen gewesen (Spulen, Stricken, Nähen, Wenden, Repassieren, Formen, Aufmachen und versandfertig machen, die Erstellung und Erarbeitung von neuen Normen für die Neuentwicklung von Mustern zur weiteren Bildung von Preisen für die Abteilung Ökonomie, die Durchführung von Normen-Aufnahmen in den Produktionsbereich mit Hilfe von neu erarbeiteten Grifftechnologien, die Veränderung von Stückpreisen bei der Veränderung von Normen sowie die Auswirkungsberechnungen für d...

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