Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. ehemaliger Wehrdienstleistender der NVA. Hodentumorerkrankung vor dem 1.1.1992. Kenntnis des zuständigen Unfallversicherungsträgers nach dem 31.12.1993. kein entschädigungspflichtiger Versicherungsfall wegen Versicherungsfreiheit gem § 541 Abs 1 Nr 2 RVO. Funkorter/Operator am Radargerät. ionisierende Strahlen

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer im März 1991 diagnostizierten Tumorerkrankung eines ehemaligen Wehrdienstleistenden der NVA, der während seiner Grundwehrzeit als Funkorter/Operator am Radargerät Rundblickstation P-14 tätig gewesen ist, als Berufskrankheit, wenn diese Erkrankung dem für das Beitrittsgebiet zuständigen Unfallversicherungsträger erst im August 2003 bekannt wurde und diese Erkrankung nicht nach dem Dritten Buch der RVO zu entschädigen wäre (SGB 7 § 215 Abs 1, RVO § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen B 2 U 14/09 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30.12.2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Hodentumorerkrankung des Klägers eine Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2402 BKV), d. h. eine durch ionisierende Strahlen verursachte Krankheit ist.

Der ... 1951 geborene Kläger leistete in der Zeit zwischen dem 03.05.1973 und dem 31.10.1974 seinen Grundwehrdienst bei der NVA am Standort K-D (NVA-Dienststelle bei A) ab. Er war dort als Funkorter/Operator am Radargerät Rundblickstation P-14 tätig.

Im März 1991 wurde beim Kläger ein vom Keimgewebe ausgehender maligner Hodentumor festgestellt, woraufhin der rechte Hoden entfernt werden musste.

Mit Schreiben vom 07.08.2001 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung einer BK in Form einer durch ionisierende Strahlen verursachten Krankheit und begehrte gleichzeitig eine finanzielle Hilfe.

Im Zusammenhang mit von der Beklagten angestellten Ermittlungen wurde eine Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost, Aufsicht für Arbeitssicherheit und technischen Umweltschutz, vom 08.05.2003 eingeholt. Danach war der Kläger als Funkorter/Operator am Radargerät Rundblickstation P-14 tätig gewesen. Die Funktionsweise des Radargerätes wurde wie folgt beschrieben: "Der Sender konnte nur bei geschlossener Klappe des Hohlraumresonators eingeschaltet werden. Diese HS-dichtschließende Metallklappe bildet eine zusätzliche Abschirmung für evtl. auftretende Röntgenstrahlung. ... Es wurde am Modulator kein Wert der Ortsdosisleistung (ODL) über dem Untergrund festgestellt, und es gibt keinen Hinweis für eine durch den Sender verursachte ODL. ... Arbeiten im Sender oder Modulator bei eingeschalteter Hochspannung waren nicht möglich und nicht erforderlich."

Die eingeholte gewerbeärztliche Stellungnahme von Dr. H vom 26.05.2003 gelangte zu der Einschätzung, dass einerseits ionisierende Strahlen nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand trotz der generellen Kanzerogenität für die Entstehung von Hodentumoren nicht in Betracht kommen. Andererseits sei eine Exposition des Klägers gegenüber gesundheitsgefährdenden ionisierenden Strahlungen gemäß den Ermittlungen der Wehrbereichsverwaltung Ost beim Kläger auszuschließen.

Mit Bescheid vom 24.06.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da beim Kläger der Hodenkrebs nicht als entschädigungspflichtige BK festgestellt werden könne. Nach der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost (WBV Ost) vom 08.05.2003 könne ausgeschlossen werden, dass der Kläger während seiner Tätigkeit als Funkorter/Operator und bei Arbeiten an technischen Einrichtungen unter Anleitung eines Technikers in der ehemaligen NVA einer gesundheitsgefährdenden ionisierenden Strahlung ausgesetzt gewesen sei. Damit könne die Anerkennung einer schädigenden Einwirkung nicht erfolgen, welche jedoch Voraussetzung für eine Anerkennung als BK sei.

Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 20.02.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Es könne ausgeschlossen werden, dass der Kläger einer gesundheitsgefährdenden ionisierenden Strahlung während seiner Tätigkeit als Funkorter/Operator ausgesetzt gewesen sei. Auch wegen einer Abschaltautomatik bei geöffneten Senderschranken hätte es nicht zum Auftreten von Röntgenstrahlung kommen können.

Hiergegen hat der Kläger am 11.03.2004 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Das SG hat durch Gerichtsbescheid vom 30.12.2005 die Klage abgewiesen. Gemäß § 215 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) richte sich der vom Kläger erhobene Anspruch nach § 1150 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der vor dem 01.01.1997 geltenden Fassung, weil die vom Kläger als BK geltend gemachte Erkrankung im Jahr 1991, also vor dem 01.01.1992, im Beitri...

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