Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sozialgeldanspruch. Kürzung für Zeiten der Abwesenheit aus der temporären Bedarfsgemeinschaft wegen der Ausübung des Umgangs mit dem getrennt lebenden Elternteil. Pauschalierungsgedanken der Regelleistung. überwiegend betreuender Elternteil. kein Zuschlag für regelmäßige bzw dauernd anfallende Bedarfe. vollständige Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung. Mehrbedarf wegen Alleinerziehung. Verteilung der Erziehungsverantwortung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Kind hat Anspruch auf anteiliges Sozialgeld in der temporären Bedarfsgemeinschaft mit dem Elternteil, bei dem es sich überwiegend und mehr als 12 Stunden täglich aufhält.

2. Aus dem Pauschalierungsgedanken der Regelleistung folgt, dass für die Tage der Abwesenheit bei dem überwiegend betreuenden Elternteil Zuschläge für Bedarfe des Kindes, die regelmäßig oder gar typischerweise nicht zu decken sind bzw. dauernd anfallen (Bekleidung, Haushaltsgeräte usw), nicht in Betracht kommen. Bezieht der umgangsberechtigte Elternteil keine Leistungen nach dem SGB II, hat er die Grundbedürfnisse des Kindes in anderer Weise, regelmäßig durch Naturalunterhalt aus seinem Einkommen oder Vermögen, sicherzustellen.

3. Die kopfteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung der temporären Bedarfsgemeinschaft können nicht für die Tage der Abwesenheit des Kindes reduziert werden.

4. Die Berücksichtigung des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung richtet sich nach den zwischen den Elternteilen getroffenen Vereinbarungen über die Erziehungsverantwortung und ist im Regelfall dem Elternteil zuzugestehen, der danach hauptsächlich für die Pflege und Erziehung zuständig ist. Dies gilt auch, wenn das Kind ausnahmsweise (zB in den Ferien) den überwiegenden Teil des Monats beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nrn. 1, 4, § 19 Abs. 1 S. 2, § 21 Abs. 3, 6, § 22 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. August 2014 aufgehoben, soweit das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 18. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Juli 2013, 8. Oktober 2013 und 28. Oktober 2013 verurteilt hat, der Klägerin zu 1 für Juli 2013 Leistungen in Höhe von 626,90 € und für September 2013 in Höhe von 674,40 € zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen.

II. Notwendige außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.09.2013.

Die aus Russland stammende, 1969 geborene Klägerin zu 1 ist die Mutter der 2005 geborenen Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 1 war seit 2005 mit dem Kindsvater der Klägerin zu 2, X... A..., verheiratet. Dieser hat noch einen 1997 geborenen Sohn, der bei seiner Mutter wohnt und demgegenüber X... A... unterhaltsverpflichtet ist. Er zahlt an den Sohn monatlich 223,00 € Unterhalt.

Zunächst wohnten die Klägerinnen mit X... A... in dessen Haus in Y... Im März 2011 stellte die Klägerin zu 1 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Sie lebte seit August 2010 vom Kindsvater getrennt in dessen Haus. Der Beklagte bewilligte den Klägerinnen daraufhin Leistungen nach dem SGB II. Zum 01.06.2011 zog die Klägerin mit der Tochter in eine Wohnung in der W... Straße in T..., für die zuletzt seit 01.05.2013 363,00 € Miete zu zahlen waren. Die Klägerin war als Reinigungskraft in einer Arztpraxis geringfügig beschäftigt, wofür sie regelmäßig 80,00 € monatlich erhielt. Mit dem Vater der Klägerin zu 2 wurde vor dem Familiengericht B... am 11.05.2011 eine Vereinbarung getroffen, wonach die Klägerin zu 2 ihren Aufenthalt bei der Mutter habe und sich bei dem Vater aller 14 Tage in der Zeit von Donnerstag nach dem Kindergarten bzw. nach dem Hort bis Sonntagabend 18 Uhr sowie in der Woche, in der am Wochenende kein Umgang ist, mittwochs nach dem Kindergarten oder Hortende bis 19 Uhr zur Ausübung des Umgangs aufhalte.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 15.02.2013 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen als Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21.02.2013 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.09.2013 vorläufig in Höhe von monatlich 648,84 €. Dabei berücksichtigte der Beklagte einen Mehrbedarf für Alleinerziehung für die Klägerin zu 1 sowie als Einkommen die Zahlung des Kindergeldes in Höhe von 184,00 € monatlich, Unterhalt vom Kindsvater in Höhe von 180,00 € monatlich und die geringfügige Beschäftigung mit einem monatlichen Erwerbseinkommen in Höhe von 80,00 €.

Mit Änderungsbescheid vom 08.05.2013 bewilligte der Beklagte wegen geänderter Nebenkosten für die Wohnung in T... monatliche Leistungen für die Zeit vom 01.05.2013 bis 30.09.2013 in Höhe von 681,84 €.

Im Februar 2013 hatte die Klägerin zu 1 beim...

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