Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Abgrenzung von Krankenhausbehandlung und Rehabilitationsmaßnahme. Begriff der Frührehabilitation. Abschlag von der Fallpauschale bei Verlegung. Akutbehandlung. Schwerpunkt der Behandlungsmaßnahmen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Abgrenzung von Krankenhausbehandlung und Rehabilitationsmaßnahme.

2. Der Begriff der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB 5 erfasst ausschließlich Maßnahmen im Rahmen der akutstationären Behandlung.

 

Normenkette

SGB V § 39 Abs. 1 S. 3, §§ 40, 107 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2; KHG § 17b

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Juli 2011 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.909,14 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 17. September 2004 zu zahlen. Hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruches für die Zeit vom 2. September 2004 bis 16. September 2004 wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 13.909,14 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung, die der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patient G… K… in der Zeit vom 29. Juli 2004 bis 10. August 2004 beim Kläger in Anspruch genommen hat.

Der am … 1932 geborene und am … 2004 verstorbene Versicherte wurde am 20. April 2004 von Passanten in alkoholisiertem Zustand und auf der Straße liegend aufgefunden. Daraufhin erfolgte seine Einweisung in das Kreiskrankenhaus B…. Am 21. April 2004 wurde bei ihm bei progredienter Vigilanzminderung eine craniale Computertomographie durchgeführt, bei der sich ein epidurales Hämatom links parietal, eine subdurale Blutung bds., Kontusionsblutungen bitemporal und links frontobasal sowie eine Kiefer- und Nasenbeinfraktur zeigten. Zur weiteren neurochirurgischen Versorgung wurde er in das Klinikum B… in H… verlegt, wo er vom 21. April 2004 bis 29. April 2004 stationär behandelt wurde. Es erfolgten dort die Ausräumung des epiduralen Hämatoms und die Implantation einer ICP-Messsonde. Am 29. April 2004 wurde der Versicherte in intubiertem und beatmetem Zustand in das Kreiskrankenhaus B… zurückverlegt. Bei zu erwartender Langzeitbeatmung erfolgte am 30. April 2004 eine Punktionstracheotomie. Der Versicherte konnte zügig vom Respirator entwöhnt werden, am 21. Mai 2004 erfolgte das Dekanülement.

Am 26. Mai 2004 wurde der Versicherte in der beigeladenen Klinik aufgenommen. Als Maßnahme weist die Aufnahmeanzeige der Beigeladenen vom 28. Mai 2004 "Neurologie Phase B" aus. Der Frühreha-Barthel-Index betrug -150 und ergab sich aus einem medizinisch überwachungspflichtigen Zustand, einer beaufsichtigungspflichtigen Orientierungsstörung und einer beaufsichtigungspflichtigen Schluckstörung.

Die Beigeladene ist ein gemäß § 107 Abs. 1 und § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, das im streitigen Zeitraum mit 25 Betten in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommen war (Sächsisches Amtsblatt Sonderdruck Nr. 1/2002 vom 21. Januar 2002, S. 56 f.). Im Übrigen - weit größerem Umfang - handelt es sich bei der Beigeladenen um eine Rehabilitationseinrichtung gemäß § 107 Abs. 2 und § 111 SGB V.

Ausweislich des Berichts der Beigeladenen vom 5. August 2004 erfolgte am 26. Mai 2004 die Aufnahme des Versicherten zur rehabilitativen Behandlung. Ab dem Zeitpunkt seiner Aufnahme unterzog sich der Versicherte einem multidisziplinären Therapieprogramm, welches aus Physiotherapie, Ergotherapie, Logotherapie und neuropsychologischer Therapie bestand. Im Rahmen der Einzelkrankengymnastik erfolgte eine Mobilisierung in den Aktivrollstuhl.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2004 beantragte die Beigeladene die Verlängerung der Kostenzusage für die Zeit vom 23. Juni 2004 bis 21. Juli 2004 "in Phase B". Weitere geplante Behandlungen seien Physiotherapie (Stand-, Gang- und Transferausbau, Gleichgewichtstraining, allgemeine Konditionierung), Ergotherapie (oraler Kostaufbau, Kostfreigabe, Verbesserung der apraktischen Handlungsstörungen), Logopädie (Therapie der Sprachstörung) und Neuropsychologie (Reorientierung, Gedächtnis- und Konzentrationstraining im Rahmen einer Einzeltherapie sowie Gruppentherapie).

In dem Bericht der Beigeladenen vom 5. August 2004 heißt es unter "Rehabilitationsverlauf":

"Herr K… wurde am 26.5.2004 zur rehabilitativen Behandlung in unserer Einrichtung aufgenommen. Bei Aufnahme war der Patient wach, zeigte ein inadäquates Aufforderungsbefolgen, war zeitlich und örtlich nicht orientiert. Es bestand ein allgemeines Kraftdefizit im Bereich aller Extremitäten sowie der Verdacht auf eine Apraxie und ein mittelgradiges hirnorganisches Psychosyndrom. In der krankengymnastischen Einzelbehandlung war der Patient bis zum Verlegungszeitpunkt in den Rollstuhl mobilisiert...

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