Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Aufrechnungsbescheid nach § 43 SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn zwischen den Beteiligten zweifelhaft ist, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist, ist in entsprechender Anwendung des § 86b Abs 1 SGG durch deklaratorischen Beschluss festzustellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.

2. Der Widerspruch gegen eine in der Form eines Verwaltungsaktes erklärte Aufrechnung fällt nicht unter den Anwendungsbereich von § 39 Nr 1 SGB II und hat gemäß § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. April 2016 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch der Antragsteller vom 7. Januar 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. Januar 2016 aufschiebende Wirkung hat.

II. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Instanzen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Aufrechnungsbescheid des Antragsgegners vom 5. Januar 2016.

Die Antragsteller befinden sich im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). In der Vergangenheit ergingen gegen sie mehrere bestandskräftige Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. So forderte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 27. Februar 2013 vom Antragsteller zu 1 Leistungen in Höhe von 166,54 EUR und von der Antragstellerin zu 2 in Höhe von 111,55 EUR zurück. Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 12. September 2014 machte der Antragsgegner gegen den Antragsteller zu 1 die Erstattung von Leistungen in Höhe von 421,96 EUR und 439,07 EUR geltend und forderte von der Antragstellerin zu 2 an sie und die Antragsteller zu 3 und 4 gewährten Leistungen in Höhe von 679,72 EUR und 707,27 EUR zurück. Zuletzt erging am 3. November 2015 gegen die Antragstellerin zu 2 ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid über Leistungen in Höhe von 10,20 EUR.

Mit Schreiben von 3. November 2015 hörte der Antragsgegner die Antragsteller zu einer beabsichtigten Aufrechnung an. Am 5. Januar 2016 erließ sie einen Bescheid über die Aufrechnung gemäß § 43 SGB II hinsichtlich der aus den Bescheiden vom 27. Februar 2013, 12. September 2014 und 3. November 2015 resultierenden Forderungen in Höhe von insgesamt 2.497,64 EUR für die Zeit ab dem 1. Januar 2016. Hierbei erklärte sie die Aufrechnung mit Leistungen in Höhe von monatlich 360,60 EUR, wobei auf die Antragsteller zu 1 und 2 ein Betrag in Höhe von je 109,20 EUR und auf die Antragsteller zu 3 und 4 ein Betrag in Höhe von je 71,10 EUR entfielen.

Am 8. Januar 2016 ging beim Antragsgegner ein Schreiben der Antragssteller vom 7. Januar 2016 ein, welches die Überschrift "Einrede der Entreicherung" enthielt und auf ein Schreiben vom 5. Januar 2015 Bezug nahm. Die Antragsteller erklärten, dass sie der Verrechnung des monatlichen Kindergeldes widersprächen, da jedem Familienmitglied anrechnungsfreies Einkommen zustehe. Außerdem widerspreche man der Verrechnung der laufenden Zahlung mit etwaigen Schulden vorsorglich.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für die Zeit vom 1. März 2016 bis zum 31. August 2016 monatliche Leistungen in Höhe eines Gesamtbedarfs von insgesamt 1.283,10 EUR. Hiervon zog der Antragsgegner für den Monat März 2016 einen Aufrechnungsbetrag in Höhe von 360,60 EUR, für den Monat April 2016 einen Aufrechnungsbetrag von 327,72 EUR sowie für die Monate Mai 2016 bis August 2016 von jeweils 218,40 EUR ab, so dass an die Antragsteller für den Monat März 2016 ein Betrag von 922,50 EUR, für den Monat April 2016 in Höhe von 955,38 EUR sowie für die Monate Mai 2016 bis August 2016 in Höhe von 218,40 EUR zur Auszahlung kam.

Am 14. März 2016 haben die Antragsteller durch ihre Prozessbevollmächtigte beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 19. Januar 2016 gegen den Aufrechnungsbescheid vom 5. Januar 2016 beantragt. Ihrem Antrag haben sie ein von ihrer Prozessbevollmächtigten gefertigtes Widerspruchsschreiben vom 19. Januar 2016 beigefügt, dessen Zugang der Antragsgegner jedoch in Abrede gestellt hat.

Nachdem die Antragssteller auf Aufforderung des Sozialgerichts nicht den Zugang des Schreibens vom 19. Januar 2016 nachgewiesen haben und sich ein solches auch nicht in den Verwaltungsakten befunden hat, hat das Sozialgericht den Antrag der Antragsteller mit Beschluss vom 15. April 2016 als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts sei von den Antragstellern die Einlegung eines Widerspruchs nicht nachgewiesen worden. Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs setzte aber voraus, ...

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