Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussicht. Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Verweisung auf das Abwarten des Ausgangs eines sog unechten Musterverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für eine Klage, in der unter anderem geltend gemacht wird, die seit 1.1.2011 geltenden Regelbedarfsregelungen für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres seien nicht verfassungsgemäß, besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht im prozesskostenhilferechtlichen Sinn.

2. Gleichwohl fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese Klageverfahren, weil die Kläger darauf verwiesen werden können, den Ausgang eines bereits anhängigen, sogenannten unechten Musterverfahrens abzuwarten (hier das Verfahren vor dem BVerfG mit dem Az 1 BvL 10/12).

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 11. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das inzwischen abgeschlossene Klageverfahren.

Den vier Klägern, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 14. März 2011 bis zum 31. Juli 2011. Hierbei berücksichtigte er beim Kläger zu 2 Leistungen, die dieser nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG) erhielt, darunter auch den Darlehensanteil in Höhe von 669,00 EUR monatlich. Den hiergegen gerichteten Überprüfungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2012 ab.

Die Kläger haben am 29. Mai 2012 Klage erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Januar 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die vom Beklagten zur Anrechnung der Einkünfte nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (sog. Meister-BAföG) vertretene Rechtsansicht durch die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 16. Februar 2012 (Az. B 4 AS 94/11 R) bestätigt worden sei. Die von den Klägern gerügte Höhe der Regelleistungen seien nicht evident zu niedrig. Diesbezüglich hat sich das Sozialgericht auf die das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. Juli 2012 (Az. B 14 AS 153/11 R) und den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 20. November 2012 (Az. 1 BvR 2203/12) bezogen. Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2013 unter Verweis auf seine Ausführungen im Urteil vom selben Tag abgelehnt.

Die Kläger haben gegen den ihnen am 15. Februar 2012 zugestellten Beschluss am 18. Februar 2013 Beschwerde eingelegt. Die angekündigte Begründung der Beschwerde ist bislang ebenso wenig eingegangen wie die der Berufung, die gegen das Urteil vom 11. Januar 2013 eingelegt worden ist (Az. L 3 AS 390/13).

Die Kläger beantragen:

Der Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 11. Januar 2013 wird aufge-hoben und den Klägern wird antragsgemäß Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt und Herr Rechtsanwalt ... als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.

Die Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Akte des Landessozialgerichtes Chemnitz zum Verfahren Az. L 3 AS 390/13 Bezug genommen.

II.

1. Über die Beschwerde kann auch noch nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens, hier des Klageverfahrens, entschieden werden (vgl. zur Zulässigkeit einer rückwirkenden Beschwerdeentscheidung nach rechtskräftigem Abschluss des vorausgegangenen Haupt-sacheverfahrens: Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Februar 2010 - L 3 AS 570/09 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 10. Januar 2013 - L 3 AS 44/11 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 20, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 73a Rdnr. 12c; vgl. auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 15. Mai 1995 - L 8 S (Vs) 52/95 - Breithaupt 1995, 735). Denn die Frage, ob die Kläger alles Erforderliche getan haben, um vor Wegfall der Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu erwirken, und die Frage, ob der Bevollmächtigte beigeordnet werden konnte mit der Folge, dass der Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung von Auslagen und Gebühren gemäß §§ 45 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsan...

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