Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei abstrakter Förderungsfähigkeit nach BAföG. Wegfall der Ausbildungsförderung durch Fachrichtungswechsel. Nichtvorliegen eines besonderen Härtefalls

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Annahme einer besonderen Härte nach einem Fachrichtungswechsel und dadurch entfallener BAföG-Förderung.

 

Orientierungssatz

1. Die zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 führende abstrakte Förderungsfähigkeit eines Studiums nach BAföG besteht unabhängig davon, ob aus in der Person liegenden Gründen eine Förderung konkret nicht zusteht, sie etwa aus Gründen des Fachrichtungswechsels gemäß § 7 Abs 3 BAföG versagt wird.

2. Zwar kann ein besonderer Härtefall iS von § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 insbesondere dann gegeben sein, wenn der wesentliche Teil der Ausbildung bereits absolviert ist und der bevorstehende Abschluss (unverschuldet) an Mittellosigkeit zu scheitern droht. Wenn jedoch allein aufgrund des Studiengangwechsels ein Leistungsbezug nach dem BAföG entfällt, müssen für die Annahme der besonderen Härte auch die den Wechsel erzwingenden Umstände erkennbar sein.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 09. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die darlehnsweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Die 1971 geborene Beschwerdeführerin (Bf.) ist bulgarische Staatsangehörige. Sie ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Studium im Studiengang bulgarisch/russisch. Gestattet ist eine (unselbständige) Beschäftigung bis zu 90 Tagen oder 180 halben Tagen im Jahr sowie die Ausübung einer studentischen Nebentätigkeit. Eine andere Erwerbstätigkeit ist nicht gestattet. Bis zum Sommersemester 2006 belegte die Bf. den Studiengang Magister Germanistik/Slawistik (12. Semester). Im Wintersemester 2006/2007 war die Bf. beurlaubt, wobei sie mit Beginn dieses Semesters den Studiengang gewechselt hat; neues Studienziel ist Dipl.-Übersetzerin Bulgarisch/Russisch. Für die Zeit vom 02.03.2007 bis zum 31.03.2007 bewilligte die Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 610,44 €.

Nach Beendigung des Urlaubssemesters begann die Bf. am 01.04.2007 das Sommersemester 2007 als 14. Fachsemester mit der Absicht, die Diplomarbeit am 20.10.2007 abzugeben. Das Amt für Ausbildungsförderung des Studentenwerks Leipzig lehnte mit Bescheid vom 21.03.2007 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) unter Hinweis auf § 7 Abs. 3 BAföG ab. Der Wechsel des Studiengangs nach dem 12. Semester sei ohne unabweisbaren Grund erfolgt.

Mit Datum vom 23.03.2007 verneinte das Amt für Ausbildungsförderung zudem einen Anspruch der Bf. auf ein Bankdarlehen gem. § 18 c BAföG.

Mit Bescheid vom 03.04.2007 lehnte die Bg. einen Antrag der Bf. auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen nicht vor, weil die Bf. bulgarische Unionsbürgerin sei und sich nur zum Zweck des Studiums in Deutschland aufhalten dürfe, eine Erwerbstätigkeit sei nicht gestattet.

Parallel zum Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragte die Bf. bei der Bg. mit Schreiben vom 29.03.2007 für das Sommersemester 2007 ein zinsloses Darlehen. Mit Bescheid vom 18.04.2007 lehnte die Bg. auch diesen Antrag ab. Durch die im Rahmen des BAföG förderbare Ausbildung sei die Bf. von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausgeschlossen. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II könne ein Darlehen in diesen Fällen nur gewährt werden, soweit besondere Umstände die Nichtgewährung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als außergewöhnlich hart und deshalb unzumutbar erscheinen ließen. Der angegebene Grund, neben dem Studium keine Erwerbstätigkeit ausüben zu können, rechtfertige nicht die Annahme eines Härtefalls im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II. Es sei grundsätzlich zumutbar, durch gelegentliche Nebentätigkeiten einen Verdienst zu erzielen, der ausreiche, den nach dem SGB II festgelegten Bedarf zum Lebensunterhalt abzudecken.

Diesen Bescheid griff die Bf. mit dem Widerspruch vom 19.04.2007 an. Sie befinde sich im 14. Semester und habe die Diplomarbeit in diesem Semester zu beenden. Dies sei in der Prüfungsordnung so vorgesehen. Ein Härtefall liege vor, da sie finanziell ansonsten nicht in der Lage wäre, ihr Studium zu beenden. Eine Verdiensterzielung durch gelegentliche Nebentätigkeiten sei auch nicht möglich, da eine bisher auf Honorarbasis ausgeübte Tätigkeit als Übersetzerin mangels Aufträgen weggefallen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 wies die Bg. den Widerspruch zurück. Ein besonderer Härtefall könne nicht angenommen werden. Hierzu müssten außergewöhnliche, schwerwiegende, atypische und nicht selbst verschuldete Umstände gegeben sein. Die Bf. habe nach dem 12. Semester ihr Studienfach gewechselt und damit einen zügigen Ausbil...

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