Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gerichtliche Anordnung des Wechselmodells

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Betreuungs-Wechselmodell kann nicht familiengerichtlich angeordnet werden, auch wenn dies ein Elternteil beantragt.

2. Falls die Eltern über den Kindesaufenthalt streiten, ist grundsätzlich einem Elternteil allein das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuzuteilen. Als Kompromisslösung ist ein Betreuungs-Wechselmodell nicht zu verstehen und nicht geeignet.

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Ravensburg (Beschluss vom 29.12.2006; Aktenzeichen 7 F 355/06)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG - FamG - Ravensburg vom 29.12.2006 - 7 F 355/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen.

Gegenstandswerte:

a) Sorgerecht: 3.000 EUR

b) Umgangssache: 3.000 EUR

c) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung: 500 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien, getrenntlebende Eheleute, streiten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre ehelichen Kinder Ti., geboren am 0.9.2001, und To., geboren am 0.9.2003. Mit Beschluss vom 29.12.2006 wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen und (von Amts wegen) zugunsten des Vaters ein zweiwöchentlich stattfindender Umgang angeordnet. Bereits durch einstweilige Anordnung vom 24.5.2006 war der Umgang mit den Kindern dahin geregelt worden, dass sich diese abwechselnd bei der Mutter und dem Vater aufhalten.

Nach der Trennung hatten die Eltern ein sog. Wechselmodell gehandhabt. Nach Auszug der Mutter aus dem als Ehewohnung dienenden, im Alleineigentum des Vaters stehenden, Haus hielten sich die Kinder an drei bis vier Tagen abwechselnd bei Vater und Mutter auf. Während die Mutter nicht berufstätig ist, ist der Vater als Inhaber mehrerer Fitness-Studios selbständig erwerbstätig. Zur Vorgeschichte ist weiter festzustellen, dass die Mutter aus früherer Beziehung drei Kinder (21, 19 und 17 Jahre) und der Vater zwei Söhne (32 und 17 Jahre) hat.

Bei dem FamG beantragte der Vater die Zuteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Er begründete das damit, die Mutter sei inzwischen mit dem Wechselmodell nicht mehr einverstanden, was vermutlich unterhaltsrechtlich motiviert sei.

Die Mutter bestritt letzteres und beantragte ihrerseits die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder, im Wesentlichen mit der Begründung, bis zur Trennung sei sie die Hauptbezugsperson der Kinder gewesen.

Das FamG hat die Kinder angehört, ihnen eine Verfahrenspflegerin bestellt und schließlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Ti. und To. auf die Mutter übertragen, ferner zugunsten des Vaters die bereits erwähnte Umgangsregelung getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Wechselmodell habe zwischen den Eltern zu immer größeren Streitigkeiten geführt. Beide Eltern seien ohne Einschränkung erziehungsgeeignet. Die Mutter sei nicht berufstätig und könne sich deshalb umfänglich den Kindern und ihrer Betreuung widmen. Anders sei das beim Vater. Nach dessen Schilderung sei sein Unternehmen notleidend. Er werde deshalb seine ganze Kraft benötigen, um dessen wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, was zugleich Existenzgrundlage für die Familie und ihren Unterhalt sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Vaters. Er trägt vor, die Kinder hätten sich bislang, im Zuge des Wechselmodells, mit einer zeitlichen Quote von 60: 40, jedenfalls von weit mehr als 50 %, bei ihm aufgehalten. Zudem könne er von zuhause aus arbeiten. Das FamG habe im Übrigen das "Cochemer Modell" angeordnet. So die Mutter ihrerseits Streitigkeiten ausgelöst habe, dürfe sich das für die zu treffende Sorgerechtsregelung nicht zu Lasten des Vaters auswirken. Nach wie vor erscheine ihr Verhalten allein aus Unterhaltsgesichtspunkten heraus verständlich. Dass sie weitergehend als der Vater für Belange der Kindesbetreuung zur Verfügung stehe, werde bestritten.

Sie sei insbesondere sportlich aktiv, was ihr einen erheblichen zeitlichen Aufwand abverlange. Habe sie sich zusammen mit den Kindern eigenmächtig aus der vormaligen Ehewohnung entfernt und verweigere sie häufig, so auch jüngst, den Umgang von Vater und Kindern, so belege das ihre mangelnde Bindungstoleranz.

Der antragstellende Vater beantragt: den Beschluss des FamG aufzuheben, dessen Vollziehung auszusetzen, ferner, im Wege der einstweiligen Anordnung folgende vorläufige Regelung zu treffen:

Die Kinder der Parteien, Ti., geb. 0.9.2001, und To., geb. 0.9.2003, verbringen die Wochen im Zeitraum von Freitag 12 Uhr bis Freitag 12 Uhr der kommenden Woche abwechslungsweise zunächst beim Vater und in der zweiten Woche bei der Mutter.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden vorbezeichnet genannten Kinder wird vorläufig auf den Antragsteller übertragen.

Die Mutter beantragt, das Rechtsmittel sowie die weiter gestellten Anträge zurückzuweisen.

Sie bestreitet den Vortrag des Vaters. Das Wechselmodell beeinträchtige das Kindeswohl.

Früher habe die Mutter die hauptsächlich...

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