Leitsatz (amtlich)

1. Eine unzulässige pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers liegt nicht vor, wenn das Ablehnungsgesuch (zumindest auch) auf Gesichtspunkte gestützt ist, die in der Person einzelner Richter die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich begründen können. In diesem Fall ist der Antrag so auszulegen, dass diese Richter aus diesen Gründen abgelehnt werden sollen.

2. Richtet sich die sofortige Beschwerde gegen einen Verwerfungsbeschluss, an dem der abgelehnte Richter selbst mitgewirkt hat, beschränkt sich die Prüfung durch das Beschwerdegericht auf die Zulässigkeitsfrage. Bejaht es diese, ist der Verwerfungsbeschluss aufzuheben und das Verfahren an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung in der Sache ist dem Beschwerdegericht verwehrt.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 11.07.2013; Aktenzeichen 3 O 19/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Halle aufgehoben und das Verfahren über das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 11.7.2013 zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das LG Halle zurück verwiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 51.130,26 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Ausgangsverfahren nimmt der Kläger die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, den er darauf stützt, dass die Beklagten der Insolvenzmasse Gegenstände im Werte von 51.130,26 EUR vorenthalten haben sollen.

Der Kläger hat zunächst im Januar 2013 einen Prozesskostenhilfeantrag angebracht, der vom LG zum hiesigen Geschäftszeichen (3 O 19/13) registriert wurde. Nachdem die Beklagten ihre Stellungnahme auf den Prozesskostenhilfeantrag mit einem gegen sämtliche Richter der 3. Zivilkammer gerichteten Ablehnungsgesuch verbunden hatten, hat der Kammervorsitzende die Verfahrensakte durch Verfügung vom 25.2.2013 der Vorsitzenden der 5. Zivilkammer vorgelegt. Das Ablehnungsgesuch ist durch die Mitglieder der 5. Zivilkammer als unbegründet zurückgewiesen worden. Der gegen diese Entscheidung gerichteten sofortigen Beschwerde der Beklagten hat die 5. Zivilkammer nicht abgeholfen und am 17.6.2013 die Vorlage der Akten an das OLG angeordnet. Durch Beschluss vom 16.8.2013 hat der erkennende Senat die sofortige Beschwerde zurück gewiesen und in den Gründen ausgeführt, dass er das Ablehnungsgesuch bereits als unzulässig erachtet habe. Soweit es sich gegen die zum Zeitpunkt des Ablehnungsgesuches mit dem Verfahren befasste Richterin wende werde ein vorneherein ungeeigneter Ablehnungsgrund geltend gemacht, weil allein die Mitgliedschaft der abgelehnten Richterin in einem bestimmten Spruchkörper schon grundsätzlich nicht geeignet sei, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Im Übrigen stelle sich das Gesuch als unzulässige Globalablehnung dar. Deshalb sei in Betracht gekommen zu prüfen, ob sogar ausnahmsweise die Zuständigkeit der abgelehnten Richter zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch begründet gewesen sei.

Noch während des über diesen Antrag geführten Beschwerdeverfahrens hat der Kläger den Prozesskostenhilfeantrag zurückgenommen und am 24.5.2013 eine neue Klageschrift eingereicht. Diese Klage ist unter dem Geschäftszeichen 3 O 146/13 als Neueingang behandelt und auf Veranlassung des Kammervorsitzenden letztlich der Richterin am LG ... unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs zu einem bereits bei ihr geführten Verfahren vorgelegt worden. Die Richterin hat das Verfahren durch Verfügung vom 20.6.2013 (Bl. 30 der Verfahrensakte 3 O 146/13) übernommen und die vom Vorsitzenden vorbereitete Zustellung der Klage veranlasst.

Durch Schriftsatz vom 11.7.2013 haben die Beklagten ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt und zugleich ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen die gesamte 3. Zivilkammer des LG Halle angebracht. Zur Begründung haben sie sich im Wesentlichen auf das im Prozesskostenhilfeverfahren zum Geschäftszeichen 3 O 19/13 angebrachte und zu diesem Zeitpunkt noch nicht erledigte Ablehnungsgesuch berufen. Darüber hinaus haben sie geltend gemacht, dass die Zustellung der Klageschrift die Besorgnis der Befangenheit begründe. Sie stelle einen Verstoß gegen die Wartepflicht des § 47 ZPO dar, weil sie vor dem rechtskräftigen Abschluss des im Prozesskostenhilfeverfahren geführten Ablehnungsverfahrens vorgenommen worden sei. Sinngemäß haben sie zusätzlich die Ansicht vertreten, dass die Eröffnung eines weiteren Verfahrens über die am 24.5.2013 angebrachte Klage fehlerhaft sei, weil die bereits eingetretene Rechtshängigkeit des Anspruchs dieser Sachbehandlung entgegen gestanden habe. Inzwischen wird die anfangs unter 3 O 146/13 registrierte Klage und damit auch das hier in Rede stehende Ablehnungsverfahren ausschließlich in dem ehemaligen Prozesskostenhilfeverfahren zu 3 O 19/13 behandelt.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 4.11.2013 (Bl. 168d. Verfahrensakte 3 O 19/13) hat die 3. Zivilkammer des LG Halle in ihrer originären Besetzung unter Mitwirkung der Richterin am LG ... das Ablehnungsg...

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