Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 28.08.1991; Aktenzeichen 6 O 803/91)

 

Tenor

I. Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 28. August 1991 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.990,13 DM (i.W.: achtunddreißigtausendneunhundertneunzig 13/100 Deutsche Mark) nebst 6.377,80 DM Zinsen und 9,15 % Zinsen aus 38.990,13 DM ab 3. Februar 1992 zu bezahlen.

II. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Wert der Beschwer des Beklagten wird auf 38.990,13 DM festgesetzt.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

Auf die Anschlußberufung, die im wesentlichen dem Übergang zur Leistungsklage diente, war gemäß dem insoweit geänderten Antrag neben der Hauptsache von 38.990,13 DM und den bis zum 2.2.1992 kapitalisierten Zinsen von 6.377,80 DM ein laufender Zins von 9,15 % aus der Hauptsacheforderung ab 3.2.1992 zuzusprechen.

Der Senat folgt im übrigen den Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt darauf Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Ergänzend gilt:

Zutreffend hat das Landgericht das Vorliegen eines Rückgriffsanspruchs nach § 640 RVO gegen den Beklagten, Mitglied der klagenden Berufsgenossenschaft, bejaht. Der Beklagte hat den Körperschaden des durch den Berufsunfall körperlich geschädigten Arbeitnehmers grob fahrlässig verursacht. Er hat die stehende Lagerung der Spanplatten in seinem Betriebe angeordnet oder zumindest geduldet. Eine derartige Lagerung verstieß gegen die Unfallverhütungsvorschriften der Klägerin (§ 34 VBG 1), wonach zwar Platten und Tafeln auch aufrecht stehend gelagert werden dürfen, dann jedoch durch Vorrichtungen gegen Umfallen und Abrutschen zu sichern sind. Diese Vorrichtungen müssen auch bei der Entnahme ein Umstürzen verhindern können.

Dem Kläger war unstreitig bereits ein mit 12.11.1984 datierter Revisionsbericht des technischen Aufsichtsdienstes der Klägerin aufgrund einer betrieblichen Revision vom 19.10.1984 zugegangen. In diesem war er u.a. auf diese Vorschriften hingewiesen worden. Der Beklagte hatte auch Kenntnis des ihm schon damals vorgelegten Merkblattes der Berufsgenossenschaft über das. Lagern von Platten (TA 1019.1). Hierin ist in leicht verständlicher Weise, andererseits mit erheblichem Nachdruck, darauf hingewiesen, daß die stehende Lagerung von Platten, auch einzelner Platten größeren Formates, eine stete Gefahr bedeutet, wenn die Platten nicht nach beiden Seiten und an mehreren Stellen gegen Umstürzen gesichert sind. Eingehend ist auf das hohe Gewicht von Spanplatten hingewiesen und sind in diesem Merkblatt Beispiele dafür angegeben, daß auch bei einer geringen Schräglage von wenigen solcher Platten derart erhebliche Haltekräfte erforderlich sind, daß sie ein Mensch nicht mehr aufbringen kann. Deutlich ist darauf hingewiesen, daß umfallende Platten und Plattenstapel immer wieder zu schweren, mitunter zu tödlichen Verletzungen führen.

Die Gefahr schwerster Verletzungen war vorliegend gegegeben, denn der Stapel bestand ausweislich der in erster Instanz getroffenen Zeugenaussage S. aus 21 Platten, die nach Aussage des Zeugen H. genau 2,07 m × 2,60 m groß waren. Beabsichtigt war, eine an siebter, achter oder zehnter Stelle stehende Platte zu entnehmen.

Zu diesem Zwecke auch hatte der Zeuge S., ein gelernter Schreiner, vom Beklagten die Zuteilung zweier Helfer verlangt. Dabei wurde dem Beklagten ausdrücklich erklärt, daß diese bei Entnahme einer Platte aus dem Stapel helfen sollte. Zur Arbeit wurde der verunglückte Arbeitnehmer ausdrücklich zugewiesen.

Der Beklagte hat grob fahrlässig gehandelt, denn er hat in Kenntnis der fehlerhaften Lagerung und der deswegen bei Entnahme von Platten immer gegebenen – auch tödlichen – Gefahr den verunfallten Arbeitnehmer zur Arbeit angewiesen.

Das Verhalten war grob fahrlässig, weil der Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (BGHZ 10, 16, 17; 89, 161). Er hat schon einfache, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte (vgl. RGZ 163, 106, BGH NJW 80, 886, 888 und VersR 83, 1011).

Allerdings ist der Maßstab der einfachen Fahrlässigkeit ein ausschließlich objektiver, während bei der groben Fahrlässigkeit auch subjektive, in der Individualität des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen sind (BGH, ständige Rechtsprechung, vgl. Palandt-Heinrichs, 51. Aufl., § 277 BGB, RdNr. 2 m.w.N.). Insoweit bedeutet ein Augenblicksversagen nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit (vgl. BGH NJW 1989, 1354). Ein solches ist hier aber nicht gegeben, weil der Beklagte seit der eingehenden Beanstandung vor vielen Jahren bereits wußte, daß die bei ihm erfolgende Lagerung von ...

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