Leitsatz (amtlich)

Der Grenzwert für ein als Schonvermögen zu belassendes angemessenes Familienheim beträgt regelmäßig 130 qm und ist auf einen Vierpersonenhaushalt bezogen. Bei einer geringeren Personenzahl ist eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person vorzunehmen (im Anschluss an OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159).

Nimmt der Bedürftige ohnehin einen Kredit auf, kommt eine Bewilligung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, wenn nicht ersichtlich ist, dass der Kredit nicht noch um einen für die Verfahrensfinanzierung benötigten geringfügigen Betrag hätte erhöht werden können (im Anschluss an BGH FamRZ 2008, 250).

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Aktenzeichen 61 F 167/13)

 

Tenor

Die Gehörsrüge der Antragstellerin gegen den Senatsbeschluss vom 14.8.2013 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Es kann dahinstehen, ob ein Gehörsverstoß auch dann vorliegt, wenn ein um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchender die Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht so tätigt, dass Missverständnisse nicht auftreten können.

Denn selbst wenn angesichts der -aus den seinerzeit eingereichten Unterlagen so nicht ersichtlichen -bereits erfolgten Verbuchung des Auszahlungsbetrags der Lebensversicherung auf dem Konto der Antragstellerin dieser Betrag vom Familiengericht und vom Senat im Ergebnis unzutreffend doppelt angesetzt wurde, wäre dies letztlich nicht allein ursächlich für Versagung der begehrten Verfahrenskostenhilfe.

Zwar würde die Antragstellerin dann über kein die Schonvermögensgrenze in ausreichendem Umfang übersteigendes Geldvermögen mehr verfügen. Allerdings bewohnt die Antragstellerin - wohl mit ihren beiden volljährigen Kindern - eine in ihrem Alleineigentum stehende 128qm große Eigentumswohnung. Mit Notarvertrag vom 18.12.2012 hat die Antragstellerin dabei den hälftigen Miteigentumsanteil des Antragsgegners gegen dessen (weitgehende) Haftungsfreistellung im Innenverhältnis übernommen.

Diese Eigentumswohnung zählt nicht mehr zu den nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten Vermögenswerten. Denn sie ist nicht angemessen im sozialhilferechtlichen Sinne. Jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres am 4.11.2012 wäre sie somit zum Zwecke der Prozessfinanzierung zu beleihen oder notfalls auch zu verwerten gewesen.

Die Angemessenheit bestimmt sich u.a. nach der Zahl der Bewohner und der Größe, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Wohnobjekts. Das wichtigste objektivierbare Kriterium stellt dabei die Größe dar, wobei unter der Geltung des außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (§ 39 Abs. 2) der Grenzwert für ein "Familienheim" zur Unterbringung eines Vierpersonenhaushalts bei 130 qm lag und nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei einer geringeren Personenzahl eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person vorzunehmen war (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 236 und OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159). Demgegenüber enthält zwar das nach dem Außerkrafttreten des Zweiten Wohnbaugesetzes nunmehr geltende Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13.9.2001 (BGBl. I 2376) keine eigenen Bestimmungen über Grenzwerte, sondern die Bundesländer werden in § 10 Abs. 1 WoFG verpflichtet hat, eigene Ausführungsbestimmungen über die Grenzen für Wohnungsgrößen zu treffen. Dennoch kann weiterhin eine Anlehnung an die zum Zweiten Wohnungsbaugesetz entwickelte Rechtsprechung erfolgen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit besteht kein Anlass, von diesen herausgearbeiteten Grenzwerten und dem in der Rechtsprechung eingebürgerten Wert von 20 qm abzuweichen (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159; OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.11.2006 - 9 W 13/06 - juris; BSG, NZS 2007, 428). Hiernach wäre für die Antragstellerin und ihre beiden Söhne allenfalls eine Objektgröße von 110 qm angemessen.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auf der Eigentumswohnung, deren Wert die Antragstellerin mit 94.000 EUR angibt, ein am 16.11.2012 aufgenommenes Darlehen in eben diese Höhe lastet, welches nach Angaben der Antragstellerin für den "Kauf eines Eigenheimes", also offensichtlich für die im Notarvertrag näher niedergelegte Umschuldung im Zuge der Miteigentumsanteilsübertragung, aufgenommen wurde.

Zum einen valutierten die Hauslasten ausweislich des Notarvertrags vom 18.12.2012 damals wie folgt:

-

Darlehen bei der ... [A]:

rd. 58.000 EUR

-

abzgl. Sicherung dieser durch Lebensversicherungen im Gesamtwert von rd. 24.000 EUR - (17.334,21 EUR + 17.851,62 EUR - 3.243 EUR

-7.875 EUR)

-

verbleiben:

rd. 34.000 EUR

-

Darlehen ... [B]:

rd. 6.000 EUR

-

ergibt:

rd. 40.000 EUR

Das Darlehen ... [B] war dabei noch zusätzlich mit einem Bausparvertrag in nicht angegebener Höhe abgesichert.

Des Weiteren hatte die Antragstellerin noch vereinbarungsgemäß 23.000 EUR aus einem Darlehensvertrag bei der ... [C] Bank abzulösen, so dass sich die im Zuge der Vermögensauseinandersetzung aktuell von ihr zu bedienenden Schulden wohl auf rd. 63.000 EUR beliefen. Damit bestand eine freie Differen...

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