Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Anspruchsübergangs auf Sozialhilfeträger wegen unbilliger Härte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Hilfebedürftige durch Kriegsfolgen nicht in der Lage war, das unterhaltsverpflichtete Kind in seiner Kindheit angemessen zu versorgen.

2. Lebt das unterhaltsverpflichtete Kind in Gütergemeinschaft, ist auch das Einkommen des Ehegatten bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB §§ 1603, 1614; BSHG § 91 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Groß-Gerau (Aktenzeichen 72 F 926/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.2.2001 verkündete Urteil des AG – FamG – Groß-Gerau wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Kläger kann die Sicherheit auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Die Revision wird zugelassen:

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus übergegangenen Unterhaltsansprüchen ihres Vaters für die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2000 i.H.v. 4.124 DM aufgrund von erbrachten Sozialhilfeleistungen in Anspruch.

Die am 13.2.1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7.12.1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Klägerin ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte im Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug von Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf zusammen 2.482,09 DM belaufen. Hinzu kamen Zinseinkünfte von monatl. 11,30 DM. Sie wohnt zusammen mit ihrem Ehemann in einem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus in einer Wohnung, an der ihnen ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8.5.2000 hat sie ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, welches sie in Monatsraten von 530 DM zurückzahlt. Teilweise diente das Darlehen der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte i.H.v. 2.158,96 DM und Zinseinkünfte von 11,30 DM monatlich.

Der Vater der Beklagten diente als Soldat der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim.

Bis zum Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters der Beklagten bis auf einen Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger Sozialhilfeleistungen für den Vater der Beklagten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM an Heimpflegekosten gezahlt.

Mit Wahrungsanzeige vom 10.5.2000, der Beklagten zugestellt am 12.5.2000, teilte der Kläger der Beklagten die Sozialhilfeleistung für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf.

Mit der Klage macht der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten i.H.v. monatlich 1.031 DM für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 geltend.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.124 DM nebst 6 % Zinsen seit 1.8.2000 sowie 6,25 % Zinsen seit 15.9.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Für den Fall, dass das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten für erheblich hält, dass ihr Vater vorrangig auf das vorhandene Barvermögen von 4.500 DM zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs zu verweisen sei, beantragt der Kläger hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger rückständigen Unterhalt i.H.v. 9.853,70 DM für die Zeit von August 2000 bis Juni 2001 nebst 6 % Zinsen hieraus ab Zustellung dieses Antrags zu zahlen.

Er stützt diesen Antrag auf übergegangene Unterhaltsansprüche i.H.v. monatlich 1.031 DM für die Zeit von August bis Juni 2001.

Die Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass ihre Inanspruchnahme im Hinblick darauf, das ihr Vater unheilbar krank aus dem Krieg zurückgekehrt ist, unbillig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist unbegründet.

Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten gegen diese sind nicht auf den Kläger übergegangen, da der Anspruchsübergang eine unbillige Härte für die Beklagte bedeuten würde (...

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