Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung. vollstationäre Krankenhausbehandlung. Zinsanspruch. Beschränkung der Amtsermittlungspflicht im gerichtlichen Verfahren bei mangelnder Mitwirkung des Krankenhauses. Überprüfung von Krankenhausabrechnungen. Ermächtigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur Anforderung von Sozialdaten

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich haben die nach §§ 108, 109 SGB 5 zugelassenen Leistungserbringer im Krankenhausbereich Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen aufgrund der nach der Rechtsprechung des BSG zulässigen analogen Anwendbarkeit des § 291 BGB.

2. Eine mangelnde Mitwirkung des Krankenhauses an der Aufklärung der Notwendigkeit der stationären Behandlung, zB durch die Weigerung, entsprechende medizinische Unterlagen vorzulegen, kann nach der Rechtsprechung des BSG zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht im gerichtlichen Verfahren führen. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses ist bei einer endgültigen Mitwirkungsverletzung als nicht erwiesen anzusehen (vgl zuletzt BSG vom 22.4.2009 - B 3 KR 24/07 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 18). Hat eine Krankenkasse gleichwohl gezahlt, ist sie zur Aufrechnung ihres Erstattungsanspruchs gegenüber späteren Zahlungsansprüchen des Krankenhauses berechtigt.

3. Bei der Überprüfung von Krankenhausabrechnungen ist der Medizinische Dienst der Krankenversicherung ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern. Verweigert das Krankenhaus eine Einsichtnahme, so endet das Leistungsverweigerungsrecht der Krankenkasse erst mit der Nachholung der Mitwirkungshandlung durch das Krankenhaus. Die Verpflichtung zur Zahlung ist bis zum Abschluss des Prüfverfahrens durch eine Krankenkasse nicht gegeben.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.578,- EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Nach Erledigung der Hauptsache sind noch die Zinsen für die Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung zwischen den Beteiligten streitig.

Die Klägerin betreibt das Kreiskrankenhaus Saale-Unstrut in N., das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Die 1929 geborene und bei der Beklagten Versicherte E. K. (im Folgenden: die Versicherte) befand sich nach ärztlicher Verordnung mit der Einweisungsdiagnose M54.5 vom 4. bis 20. September 2002 zur stationären Behandlung in diesem Krankenhaus.

Im Kostenübernahmeantrag vom 6. September 2002, bei der Beklagten am 10. September 2002 eingegangen, werden die Aufnahmediagnosen M54.5 (Kreuzschmerz), E14.40 (nicht näher bezeichneter Diabetes Mellitus mit neurologischen Komplikationen), I10 (essentielle primäre Hypertonie), I49.9 (kardiale Arrhythmie, nicht näher bezeichnet), E04.0 (nichttoxische diffuse Struma) aufgeführt. Als vorläufiges Entlassungsdatum gab das Krankenhaus den 18. September 2002 an. Mit Schreiben vom 11. September 2002 teilte die Beklagte mit, die voraussichtliche Behandlungsdauer erscheine im Zusammenhang mit den angegebenen Aufnahmediagnosen nicht plausibel. Daher solle der Behandlungsfall vor einer abschließenden Klärung der Kostenzusage noch einmal überprüft werden. Zunächst würden die Kosten für den Zeitraum vom 4. bis 8. September 2002 übernommen. In der Entlassungsanzeige vom 23. September 2002 wiederholte das Krankenhaus die Diagnosen, wobei es M54.5 als Hauptdiagnose angab. Die Rechnung vom 20. September 2002 belief sich auf 2.104,30 EUR.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2002 teilte die Beklagte mit, den gesamten Rechnungsbetrag unter Vorbehalt angewiesen zu haben und sich die Rückforderung vorzubehalten. Zugleich kündigte sie eine medizinische Überprüfung an. Hierzu bat sie um die Übersendung einer aussagekräftigen medizinischen Begründung zur Behandlungsdauer, insbesondere über den 8. September 2002 hinaus. Nachdem die Klägerin darauf nicht bis zum 8. Januar 2003 reagiert hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom selben Tag, sie werde den Differenzbetrag in Höhe von 1.578,- EUR von der nächsten Rechnung einbehalten. Sie habe den Behandlungsfall für die Zeit vom 4. bis 7. September 2002 in Höhe von 526,30 EUR vergütet.

Die Klägerin hat am 21. Februar 2003 beim Sozialgericht Halle Klage auf Zahlung des Restbetrages in Höhe von 1.578,- EUR erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe keine Gründe für eine Befristung der Kostenübernahmeerklärung vorgetragen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei sie daher zur Zahlung zu verurteilen. Außerdem habe sie den MDK nicht zeitnah mit der Prüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit beauftragt. Die Beklagte dürfe von der Klägerin keine medizinische Begründung verlangen. Der Zahlungsanspruch sei daher fällig. Zurückbehaltungsrechte bestünden nicht, weshalb die von der Beklagten durchgeführte Aufrechnung unzulässig und die Klägerin nicht verpflichtet sei, einen Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie u...

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