Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Tätigkeit als Hilfspflegekraft für einen Pflegedienstleistungen anbietenden Verein. Pflegevertrag. Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Pflegedienstleistungen anbietenden Verein sind Hilfspflegekräfte versicherungspflichtig beschäftigt, wenn sie im Einzelfall keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung haben (insbesondere auf die Höhe der Vergütung, Verpflichtung zur Leistung, Möglichkeit der Vertreterbestellung). In der Gesamtschau waren auch folgende Umstände maßgebend: Abrechnungsverhältnis ausschließlich zwischen Verein und Kostenträgern, kein Abrechnungsverhältnis zwischen Hilfspflegekräften und zu Pflegenden und daher insoweit kein Insolvenzrisiko, Kontrolle der Pflegeleistung durch "Pflegedienstleitung" (Anschluss an BSG vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R = USK 2011, 125).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Berufskläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug zu einem Viertel zu erstatten. Im Übrigen sind für das Verfahren vor dem Sozialgericht Kosten nicht zu erstatten. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Berufungskläger zu drei Vierteln und die Beklagte einem Viertel. Den Beigeladenen sind Kosten für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Sozialversicherungspflicht und die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für die Tätigkeit von 259 Hilfskräften in der ambulanten Pflege und die Verpflichtung des Berufungsklägers (im Folgenden: Kläger) zur Wahrnehmung von Arbeitgeberpflichten im Rahmen von Auflagen.

Der Kläger ist ein im Jahr 1990 gegründeter eingetragener Verein mit Sitz in N., für den die Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts im Rahmen des Zwecks der Altenfürsorge anerkannt wurde. Im Übrigen wird auf die Satzung des Vereins, Bl. 392 bis 392 Bd. III der Gerichtsakten, Bezug genommen. Der Verein hat nach Angaben des Klägers derzeit acht feste Mitglieder und 125 Fördermitglieder, wobei Letztere einen Monatsbeitrag von 3 EUR zahlen und einen Rabatt auf die Kosten der Inanspruchnahme einer Pflegeleistung erhalten. Der Kläger beschäftigt ca. 30 bis 50 Pflegefachkräfte im Rahmen eines Dauerarbeitsvertrages, die einen festgelegten Monatslohn erhalten. Zumindest im Jahr 1998 unterhielt der Kläger Büros in sechs weiteren Bundesländern. Initiator der Gründung des Klägers war D. T., auch Geschäftsführer u.a. des Privaten Pflegedienstes D. T. GmbH, der Kommanditistin der Privater Pflegedienst D. T. GmbH & Co. Akademie für Aus- und Weiterbildung KG, mit derselben Geschäftsadresse wie der Kläger. Für verschiedene im Bundesgebiet tätige Pflegedienste im Zusammenhang mit D. T. (so genannter "Pflegeverbund") sind diverse Statusfeststellungsverfahren durchgeführt worden.

Der Kläger hat einen Versorgungsvertrag nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) mit den Landesverbänden der Pflegekassen. Auf dessen Inhalt, Bl. 383 bis 391 Bd. III der Gerichtsakten, wird bezüglich der Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger bietet Pauschalangebote für Pflegeleistungen an. Dem Senat liegt ein Kostenvoranschlag für eine Rund-um-die-Uhr-Pflege vom 17. Dezember 2008 aus dem vor dem Senat anhängig gewesenen Verfahren L 8 SO 24/09 B ER vor, der nach Angaben des Klägers auch den während des dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Prüfzeitraums maßgebenden Bedingungen entspricht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 632 Bd. IV der Gerichtsakten verwiesen. Die Verträge über die Pflegeleistungen werden zwischen dem Kläger und den zu Pflegenden abgeschlossen. Die zu Pflegenden müssen für die Inanspruchnahme dieser Leistungen nicht Mitglied bei dem Kläger sein. Die Abrechnung der Pflegeleistungen erfolgt ausschließlich durch den Kläger.

Die von dem vorliegenden Verfahren betroffenen Pflegekräfte, im Folgenden: PK, schlossen jeweils zumindest einen, überwiegend mehrere so genannte standardisierte "Pflegeverträge" mit dem Kläger. Darin wird jeweils geregelt, dass der Kläger für einen datumsmäßig bestimmten Zeitraum (in der Regel zwei Wochen) die "Dienste des Pflegers in Anspruch" nehme und gegenüber dem Pfleger "Anspruch auf Durchführung der Pflege eines Fördermitglieds des Vereins" habe. In § 3 des jeweiligen Pflegevertrages ist ausdrücklich bestimmt, die PK führe eine selbstständige Tätigkeit auf eigenes wirtschaftliches Risiko aus und verpflichte sich, alle im Rahmen der Tätigkeit anfallenden Pflichtabgaben, wie Steuern und Ähnliches, selbst zu entrichten. Könne die PK die Pflegeleistung nicht erbringen, habe sie hiervon den Verein unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die Vergütung pro Tag ist in § 4 des Vertrages mit einer Pauschale (im Verlauf der Zeit 120 DM, 130 DM, 140 DM, 150 DM), und einer Leerzeile für einen Sonn-/Feiertagszuschlag (soweit ausgefüllt 20 DM) und eine Fahrtkostenpauschale ...

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