Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Pflegeversicherung. Beitragserhebung gegenüber einem Rentenantragsteller im einstweiligen Rechtsschutz. unbillige Härte. Leistungen iSv § 144 Abs 1 SGG. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Beitragspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistungen iSv § 144 Abs 1 SGG sind auch solche, deren Empfänger der Staat oder ein Versicherungsträger ist, zB Beiträge.

2. Zur Beitragspflicht von Rentenantragstellern.

3. Zur unbilligen Härte iSv § 86a Abs 3 S 2 SGG.

 

Orientierungssatz

Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann ein Versicherter bei falschen Auskünften lediglich die Rechtsstellung erlangen, die er bei richtiger Auskunftserteilung hätte in Anspruch nehmen können.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 1, § 86a Abs. 3 S. 2; SGB XI § 46 Abs. 2 Sätze 4-5, § 60 Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) wendet sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Der im ... 1969 geborene, nicht verheiratete Antragsteller ist bei den Antrags- und Beschwerdegegnerinnen zu 1. und zu 2. kranken- bzw. pflegeversichert. Er beantragte am 16. Oktober 2008 bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland eine Rente wegen Erwerbsminderung. Im Antragsformular ist ausgeführt, die Meldung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) werde an die Antragsgegnerin weitergeleitet. Dem Antragsteller wurde ein Merkblatt über die KVdR ausgehändigt. Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland wies den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 29. September 2009 ab und den dagegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2010 zurück. Das Klageverfahren ist in erster Instanz erfolglos geblieben und derzeit als Berufungsverfahren beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt anhängig.

Nachdem der Antragsteller am 12. Oktober 2009 einen Erhebungsbogen der Antragsgegnerin zu 1. zur KVdR ausgefüllt hatte, teilte diese - auch im Namen der Antragsgegnerin zu 2. - mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 mit, er sei durch seinen Rentenantrag seit dem 18. Juli 2009 bei ihr kranken- und pflegeversichert. Sein monatlicher Beitrag betrage ab Oktober 2009 für die Krankenversicherung 120,12 EUR, für die Pflegeversicherung 18,48 EUR. Bei Zubilligung der Rente würden die Beiträge von der Rente einbehalten, bei rückwirkender Bewilligung würden zu viel gezahlte Beiträge erstattet.

Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 25. November 2009 Widerspruch ein und führte aus: Nach dem Merkblatt des Rentenversicherungsträgers beginne die Mitgliedschaft in der KVdR mit dem Tag der Antragstellung. Da er Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung der Rentenversicherung eingelegt habe, bestehe die Mitgliedschaft in der KVdR vorerst weiter. Aus dem Bescheid der Antragsgegnerin zu 1. sei nicht zu erkennen, welchen Status er als "Rentner" in der Krankenversicherung habe.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 teilte die Antragsgegnerin zu 1. dem Antragsteller mit, er sei seit dem 18. Juli 2009 als Rentenantragsteller pflichtversichert und damit auch beitragspflichtig. Bis zur Entscheidung über den Rentenantrag sei die Beitragszahlung zur Wahrung des Versicherungsschutzes unbedingt erforderlich. Es werde daher gebeten, die noch offenen Beiträge bis zum 15. Dezember 2009 zu überweisen. Mit weiterem Schreiben vom 18. Dezember 2009 teilte sie mit, die Beitragsforderung werde bis zum Abschluss der laufenden Widerspruchs- und Klageverfahren nicht an den Vollstreckungsbereich weitergeleitet.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2011 teilte die Antragsgegnerin zu 1. - auch im Namen der Antragsgegnerin zu 2. - mit, die Beiträge seien aufgrund der Neufestsetzung der Beitragssätze zur Kranken- und Pflegeversicherung und der Anpassung der Rechengrößen zur Sozialversicherung zum 1. Januar 2011 neu zu berechnen. Ab Januar 2011 betrage der Beitrag zur Krankenversicherung 126,90 EUR, zur Pflegeversicherung 18,47 EUR.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2011 teilte die Antragsgegnerin zu 1. mit, der Antragsteller sei durch seinen Rentenantrag seit dem 10. Dezember 2010 bei ihr kranken- und pflegeversichert. Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 sei ein Beitrag in Höhe von 130,05 EUR zu zahlen.

Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller am 18. Februar 2011 Widerspruch ein: Da er seit dem 10. Dezember 2010 als Rentenantragsteller versichert sei, habe er keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Dies sei ihm von einem Mitarbeiter mitgeteilt worden.

Die Antragsgegnerin zu 1. teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 2. März 2011 mit, dass auch für zurückliegende Zeiträume Beiträge zu entrichten seien. Dies betreffe die Zeiten vom 18. Juli bis 11. Dezember 2009 und vom 1. bis 6. Mai 2010. Insoweit werde das weitere Mahnverfahren ausgesetzt, weil davon ausgega...

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