Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufhebung einer Leistungsbewilligung nach § 48 SGB 10. Einkommensberücksichtigung. nachträglich ausgezahltes Arbeitsentgelt. Zuflussprinzip. Berücksichtigung der laufenden Einnahme für den ganzen Zuflussmonat. zweckbestimmte Einnahme. Spesen. angemessene Unterkunftskosten. Berücksichtigung von Schuldzinsen

 

Orientierungssatz

1. Aufgrund der Regelung des § 39 Nr 1 SGB 2, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, hat nach Wertung des Gesetzgebers das Vollzugsinteresse im Regelfall Vorrang vor dem Suspensiveffekt des Widerspruchs. Die aufschiebende Wirkung ist nur anzuordnen, wenn ein überwiegendes Interesse der durch den angefochtenen Verwaltungsakt Betroffenen festzustellen ist. Sie ist jedenfalls dann anzuordnen, wenn nach summarischer Prüfung deutlich mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes spricht. Es kann kein berechtigtes öffentliches Interesse an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes bestehen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 10.10.2007 - L 3 R 1300/07 ER).

2. Eine Leistungsaufhebung gem § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10 setzt die Feststellung des tatsächlich im jeweiligen Monat zugeflossenen Einkommens iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 voraus. Dabei ist immer das gesamte in einem Monat während des Bedarfszeitraums zugeflossene Einkommen zu berücksichtigen. Eine Gesamtbetrachtung bei schwankendem Einkommen ist nicht zulässig (vgl BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R).

3. Vom Arbeitgeber eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gezahlte Spesen (als Ersatz von Verpflegungsmehraufwendungen) sind zum Ausgleich von Mehraufwendungen und nicht zur Finanzierung der allgemeinen Lebensführung bestimmt, so dass Spesen als Zweckbestimmte Einnahmen gem § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.

4. Als Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 bei einem selbst genutztem Hausgrundstück sind auch die Schuldzinsen zu berücksichtigen, die aus vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit aufgenommenen Darlehen resultieren, wenn die Darlehenssummen verwendet wurden, um das Eigenheim entweder im nötigen Umfang instand zu setzen bzw Schäden vorzubeugen oder aber durch Umbauarbeiten den Wohnwert zu erhöhen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu gewährenden Leistungen. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sind nur die Leistungen für die Monate August und September 2007.

Die Antragsteller beziehen als Bedarfsgemeinschaft bereits ab dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Soweit ersichtlich, sind für den gesamten Leistungszeitraum noch Streitverfahren zwischen den Beteiligten bei dem Sozialgericht Stendal bzw. in der Berufungsinstanz anhängig. Die Antragstellerin zu 1.) lebt mit ihrer am 1995 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 3.), und ihrem Ehemann, dem Antragsteller zu 2.) zusammen in einem Eigenheim. Eigentümer des gemeinsam bewohnten Hauses ist der Antragsteller zu 2.), der das Hausgrundstück im Jahre 2000 erworben hat. Die Finanzierung des Hauskaufes erfolgte mit den Mitteln aus zwei bei der Kreisparkasse S. aufgenommenen Darlehen. Im Jahre 2003 erfolgten Umbauarbeiten am von den Antragstellern bewohnten Haus. Die bisher nur über den Hof des Hauses erreichbare Küche kann infolge der Arbeiten nun auch ohne Überquerung des Hofs von den anderen Wohnräumen erreicht werden. Die Finanzierung der Umbauarbeiten erfolgte mit Mitteln aus einem von der Citibank gewährten Darlehen. Im Jahre 2004 wurde ein Bauspardarlehen bei der Wüstenrot Bausparkasse aufgenommen und die Darlehenssumme dazu verwendet, die Neueindeckung des Hausdaches zu bezahlen. Für die genannten Verbindlichkeiten gegenüber der Kreisparkasse S., der Citibank und der Wüstenrot Bausparkasse waren im streitigen Zeitraum Schuldzinsen zu zahlen. Der Antragsteller zu 2. war ab dem 15. März 2007 bei der Firma C. B. GmbH P+N als “gewerblicher Mitarbeiter im Montage-Pool in W. „ beschäftigt. Nach dem Anstellungsvertrag sollte er auf Baustellen im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und den Staaten der Europäischen Gemeinschaft eingesetzt werden. Neben der Vergütung (= Bruttolohn) bestand ein Anspruch auf “Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungsgelder„ nach einer “Unternehmensrichtlinie„. Nach den vorliegenden Verdienstabrechnungen für die Monate März bis Juli 2007 wurden Beträge für Fahrtkosten (= Kilometergeld), Verpflegungsaufwendungen (= Spesen) und Aufwendung für auswärtige Unterkunft (Übernachtung Inland bzw. Übernachtung Ausland) als steuer- und sozialversicherungsfreie Leistungen in wechselnder Höhe gezahlt. Wegen der Einzelheiten wird auf den In...

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