Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozessvollmacht. ernstliche Zweifel am Bestehen. Nachweis. nicht nachgewiesene Prozessvollmacht. Verwerfung des Rechtsmittels. Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei ernstlichen Zweifeln an dem Bestehen einer Prozessvollmacht kann das Sozialgericht von Amts wegen einen entsprechenden Nachweis fordern.

2. Wird eine Prozessvollmacht nicht nachgewiesen, ist das Rechtsmittel zu verwerfen.

3. Wegen der Kostenentscheidung ist auf den angeblich Vertretenen abzustellen.

 

Tenor

Die Berufung wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die als Prozessvertreterin des Klägers auftretende Rechtsanwaltsgesellschaft wendet sich gegen ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Halle.

Der Kläger selbst hat beim SG am 20. Juni 2019 Klage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2019 in Gestalt eines Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2019 erhoben. Dieser betraf die Minderung von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum von Juli bis September 2019 wegen eines Meldeversäumnisses am 17. Mai 2019. Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen S 7 AS 1178/19 geführt worden.

Am 12. Juli 2019 hat der Kläger, wiederum nicht anwaltlich vertreten, beim SG Klage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 17. Juni 2019 in Gestalt eines Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2019 erhoben. Auch dieser Bescheid betraf die Minderung von Arbeitslosengeld II im Zeitraum von Juli bis September 2019 wegen eines Meldeversäumnisses. Der Beklagte warf dem Kläger vor, einen Termin am 29. Mai 2019 nicht wahrgenommen zu haben. Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen S 7 AS 1337/19 geführt worden.

Am 20. August 2019 hat der Kläger, wiederum nicht anwaltlich vertreten, beim SG Klage gegen einen Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 8. Juli 2019 in Gestalt eines Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2019 erhoben und einen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in der Zeit von August 2019 bis Januar 2020 geltend gemacht. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen S 7 AS 1608/19 geführt worden.

Eine vierte Klage hat am 23. Oktober 2019 die auch im vorliegenden Berufungsverfahren auftretende Rechtsanwaltsgesellschaft im Namen des Klägers beim SG erhoben und gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Mit der Klageschrift hat sie ein Vollmachtformular eingereicht, in das (handschriftlich) der Name des Klägers als Vollmachtgeber eingetragen war, das jedoch weder eine Orts- und Datumsangabe noch eine Unterschrift enthielt. Die Klage richtete sich gegen einen Bescheid vom 5. August 2019 in Gestalt eines Widerspruchsbescheids vom 26. September 2019. Begehrt wurden Leistungen für eine Nachzahlung auf Betriebs- und Heizkosten. Die Klage ist zunächst unter dem Aktenzeichen S 7 AS 2005/19 geführt worden.

Mit zwei Beschlüssen vom 22. Januar 2021 hat das SG den Antrag auf PKH für das Verfahren S 7 AS 2005/19 abgelehnt und dieses Verfahren mit dem Verfahren S 7 AS 1608/19 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; als führend hat es das Verfahren S 7 AS 1608/19 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 17. März 2021 hat die Rechtsanwaltsgesellschaft unter Angabe des Aktenzeichens S 7 AS 2005/19 die Klage zurückgenommen.

In einem Erörterungstermin am 24. März 2021, zu dem für den Kläger niemand erschienen ist, hat das SG die Verfahren S 7 AS 1178/19, S 7 AS 1337/19 und S 7 AS 1608/19 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; als führend hat es das Verfahren S 7 AS 1608/19 bestimmt. Der Vertreter des Beklagten hat im Termin sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. In der Folgezeit hat das SG beim Kläger selbst und bei der im Verfahren S 7 AS 2005/19 aufgetretenen Rechtsanwaltsgesellschaft angefragt, ob ebenfalls Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe. Dies hat der Kläger selbst bejaht.

Mit Urteil vom 9. Juni 2021, das ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG die Klagen abgewiesen. Dabei ging es davon aus, dass ein weiterer Minderungsbescheid (vom 16. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2019) für den Zeitraum von August bis Oktober 2019 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Das SG hat die Berufung zugelassen. Das Urteil ist für die Klägerseite nur der (im Rubrum nicht als Prozessbevollmächtigte aufgeführten) Rechtsanwaltsgesellschaft zugestellt worden. Die Zustellung ist am 30. Juni 2021 erfolgt.

Am 23. Juli 2021 hat die Rechtsanwaltsgesellschaft „namens und in Vollmacht des Klägers“ beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.

Mit Schreiben vom 10. November 2021 hat der Berichterstatter die Rechtsanwaltsgesellschaft u.a. um eine Ablichtung der Vollmachtsurkunde gebeten. Mit Schreiben vom 11. Februar 2022, das am 15. Februar 2022 zugestellt worden ist, hat er an die noch ausstehende Vorlage der Vollmachtsurkunde erinnert und darauf hingewiesen...

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