Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Aufhebung der sofortigen Vollziehung. aufschiebende Wirkung von Aufrechnungsbescheiden

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidet der Leistungsträger über die Aufrechnung mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB 2 durch Verwaltungsakt, hat der hiergegen gerichtete Widerspruch aufschiebende Wirkung.

 

Orientierungssatz

In Fällen, in denen durch Einbehalt eines Teils der Leistung unter Missachtung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ein Verwaltungsakt faktisch vollzogen wird oder eine faktische Vollziehung droht, ist vorläufiger Rechtsschutz nach § 86b Abs 1 S 2 SGG statthaft. Die Beteiligten streiten um einen Fall des Eintritts oder Nichteintritts der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs iS der Regelungen des § 86a Abs 1 SGG. Ein solcher Streit ist nach der Systematik dem Abs 1 des § 86b SGG zuzuordnen (vgl LSG Mainz vom 8.6.2004 - L 3 ER 29/04 AL = Breith 2005, 67).

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird unter Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts Koblenz vom 28.11.2005 festgestellt, dass der Widerspruch des Beschwerdeführers gegen den Aufrechnungsbescheid der Beschwerdegegnerin vom 15.11.2005 aufschiebende Wirkung hat und eine Vollziehung bis zur Entscheidung über den Widerspruch zu unterbleiben hat. Die Beschwerdegegnerin ist verpflichtet, dem Beschwerdeführer einen Betrag in Höhe von 175,50 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vor dem 1.11.2005 sowie ab dem 01.12.2005 und wendet sich gegen die sofortige Vollziehung eines Aufrechnungsbescheids der Beschwerdegegnerin.

Der 1962 geborene Beschwerdeführer bezieht gemeinsam mit seiner 1981 geborenen Ehefrau und seinen beiden minderjährigen Kindern seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Bis zum 14.11.2005 übte der Beschwerdeführer als Autohändler eine selbstständige Tätigkeit aus. Von der Agentur für Arbeit K. erhielt der Beschwerdeführer einen Existenzgründungszuschuss, der sich bis zum 31.07.2005 auf monatlich 360,00 € und ab dem 01.08.2005 auf monatlich 240,00 € belief.

Mit Bescheid vom 25.06.2005 bewilligte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer Leistungen für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2005 unter Anrechnung des Existenzgründungszuschusses in Höhe von 360,00 €. Mit Bescheid vom 22.10.2005 wurden die Leistungen für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 31.01.2006 unter Anrechnung des Existenzgründungszuschusses in Höhe von 240,00 € sowie eines bereinigten Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit in Höhe von 178,50 € bewilligt. Mit Schreiben vom 22.10.2005 hörte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer an wegen ihrer Absicht, zuviel erbrachte Leistungen nach dem SGB II zurückzufordern. Mit Bescheid vom 15.11.2005 wurde die Anrechnung des Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit sowie des Existenzgründungszuschusses seitens der Beschwerdegegnerin zum 14.11.2005 aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin bewilligte mit Bescheid vom 15.11.2005 dem Beschwerdeführer und seiner Familie für November 2005 Leistungen in Höhe von 991,66 €. Gleichzeitig erklärte die Beschwerdegegnerin in dem Bescheid die Aufrechnung einer für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2005 entstandenen Überzahlung in Höhe von 175,50 € mit der Nachzahlung für die Zeit vom 15.11. bis 30.11.2005. Die Überzahlung sei entstanden, weil für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2005 das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nicht angerechnet worden sei. Ab dem 1.12.2005 bis zum 31.01.2006 bewilligte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer und seiner Familie Leistungen in einer monatlichen Höhe von 1186.96 €. Gegen die Bescheide legte der Beschwerdeführer rechtzeitig Widerspruch ein. Eine Widerspruchsentscheidung der Beschwerdegegnerin ist nicht ergangen.

Durch Beschluss vom 28.11.2005 hat das Sozialgericht Koblenz (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Dem Beschwerdeführer fehle es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für die Zeit ab 15.11.2005, da mit Bescheid vom 15.11.2005 die Anrechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit sowie des Existenzgründungszuschusses zum 14.11.2005 eingestellt worden sei. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die Beschwerdegegnerin habe im Zeitraum bis zum 15.11.2005 Einkommen fehlerhaft angerechnet, gelte, dass Regelungen über die einstweilige Bewilligung laufender Geldleistungen grundsätzlich nur für die Gegenwart und die Zukunft, nicht aber für zurückliegende Zeiträume getroffen werden könnten. Die laufenden Leistungen für November 2005 habe der Beschwerdeführer bereits erhalten, so dass sein laufender Bedarf damit sichergestellt sei. Soweit die Beschwerdegegnerin in Zusammenhang mit der L...

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