Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. stationäre Krankenhausbehandlung. Infektion. Meningitis durch Pseudomonas aeruginosa

 

Orientierungssatz

Das ärztliche Behandlungsrisiko im Krankenhaus ist nicht Gegenstand des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes gem § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a RVO, so dass eine im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung erlittene Meningitis durch eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa-Erregern nicht als Arbeitsunfall zu werten ist.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Meningitis der Klägerin als Versicherungsfall festzustellen und entschädigen ist.

Die Klägerin wurde 1992 in einem Krankenwagen während der 30. Schwangerschaftswoche geboren. Auf der Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik der Universität S musste sie wegen einer Anpassungsstörung der Lungen mit Lungenentzündung apparativ beatmet und antibiotisch behandelt werden. Nach zwischenzeitlicher Stabilisierung unter Beatmung und antibiotischer Behandlung waren am 8. Lebenstag erneut klinische Symptome einer Pneumonie und einer beginnenden Sepsis festzustellen. Nachdem die Klägerin am 15. Lebenstag extubiert werden konnte, atmete sie spontan ohne Zeichen von Luftnot und war kreislaufstabil. Am 17. Lebenstag konnte aufgrund der stabilen klinischen Befunde auch die antibiotische Therapie beendet werden. Am 03.05.1992 traten bei der Klägerin plötzlich Apnoen und Bradykardien auf. Eine Lumbalpunktion ergab den Befund einer Meningitis; in der Liquorkultur konnte als Erreger Pseudomonas aeruginosa diagnostiziert werden. Dieser Erreger wurde gleichzeitig im Stuhl der Klägerin nachgewiesen. In der Folgezeit kam es zur Ausbildung eines Hydrocephalus, der durch Anlage einer Ventildrainage operativ versorgt werden musste.

Im April 2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen "Antrag auf Entschädigung, Pflegegeld, Verletztenrente".

Die Beklagte zog die medizinischen Unterlagen der Universitätskliniken S bei und holte zur Klärung der Frage, welche Ursachen für die Infektion der Klägerin in Betracht kommen, ein Gutachten bei Prof. Dr. S, Leitender Oberarzt der Universitätskinderklinik L ein. Dieser kam in seinem Gutachten vom 05.08.2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis, bei der Erkrankung der Klägerin habe es sich um eine auf der Intensivstation erworbene nosokomiale eitrige Meningitis durch Pseudomonas aeruginosa gehandelt. Eine zuvor lokale Besiedlung im Darm durch die verantwortlichen Keime mit anschließender Bakteriämie und Invasion der Meningen sei zu unterstellen. Dieser Kausalzusammenhang sei sehr wahrscheinlich. Andere verantwortliche Ursachen für den Infektionshergang seien unwahrscheinlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte diese Infektion im Vorfeld nicht verhindert werden können.

Die Beklagte hörte zu diesen Ausführungen ihren beratenden Arzt Dr. T, Facharzt für Innere Medizin, Arbeits- und Umweltmedizin, der unter dem 22.08.2002 unter Bezugnahme auf medizinische Literatur ausführte, Pseudomonas aeruginosa sei weit verbreitet als Nass- oder Pfützenkeim, z.B. in Leitungswasser, Waschbecken, Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Putzutensilien etc .. Im Krankenhaus spielten u.a. Inkubatoren für Frühgeborene, Beatmungs- und Narkosegeräte eine Rolle. Von allen diesen Bereichen und Gerätschaften sowie von infizierten Patienten und Keimträgern unter dem Personal könnten sporadische oder epidemische Erkrankungen durch Pseudomonas aeruginosa ihren Ausgang nehmen. Ärzten und Pflegekräften, die unbemerkt besiedelt seien, komme möglicherweise ebenfalls epidemiologische Signifikanz zu. Auf Intensivstationen habe Pseudomonas aeruginosa als nosokomialer Erreger eine große Bedeutung. Ob während der mehrwöchigen intensivmedizinischen Behandlung für die Klägerin ein typisches Behandlungsrisiko bestanden habe, solle ergänzend geklärt werden.

Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme bei Prof. Dr. S vom 03.03.2003 ein, in welcher dieser darauf hinwies, dass nach der oralen oder analen Aufnahme von Pseudomonas aeruginosa eine Ausbreitung dieses Erregers mit nachfolgender Besiedlung und Kolonisation des Darms sehr wahrscheinlich sei. Als mögliche Eintrittspforten seien u.a. eine Besiedlung beginnend im Nasen-Rachen-Raum mit Verschlucken der Erreger und nachfolgender Besiedlung im Magen-Darm-Trakt, begünstigt durch Anlage von Magensonden oder eine anale Besiedlung und Erregerausbreitung im Magen-Darm-Trakt, begünstigt durch rektales Fiebermessen, Darmspülungen und -entlüftungen mittels Katheter zu nennen. Der Infektionszeitpunkt lasse sich aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen dem 02.05.1992, 17.00 Uhr und 03.05.1992 um 17.00 Uhr eingrenzen.

Mit Bescheiden vom 25.07.2003 lehnte die Beklagte sowohl die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach § 9 Sozialge...

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