Entscheidungsstichwort (Thema)

Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs bei Gleichwohlgewährung

 

Orientierungssatz

1. Wird der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt, so steht er nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis und ist damit arbeitslos i. S. von § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3.

2. Nach § 143 Abs. 3 SGB 3 wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, soweit der Arbeitslose Arbeitsentgelt tatsächlich nicht erhält. Auch für das im Rahmen der Gleichwohlgewährung gezahlte Arbeitslosengeld sind die Vorschriften der §§ 116 ff. SGB 3 zum Arbeitslosengeld anzuwenden, damit auch zur Anspruchsdauer.

3. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert sich nach § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit erfüllt worden ist. Weil das Gesetz von dieser Grundregel keine Ausnahme vorsieht, gilt die Anspruchsminderung auch bei der Gewährung von Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.04.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Dauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).

Die 1950 geborene Klägerin war vom 02.01.1989 bis 14.08.2009 bei der Firma W, M GmbH und Co. KG (im Folgenden: W) versicherungspflichtig beschäftigt. Über das Vermögen dieser Firma wurde am 01.06.2009 durch Beschluss des Amtsgerichts L (Az.: xxx) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die Klägerin mit Schreiben vom 13.08.2009 mit Wirkung ab dem 15.08.2009 unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei und wies darauf hin, dass wegen bestehender Masseunzulänglichkeit Arbeitsentgelt für die Dauer der Freistellung nicht gezahlt werden könne. Mit weiterem Schreiben vom 21.08.2009 kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2009.

Am 03.08.2009 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 16.08.2009 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In ihrem Antrag gab sie an, sie habe Ansprüche gegen die W für die Zeit nach ihrem Ausscheiden beim Arbeitsgericht geltend gemacht. Durch Bescheid vom 19.08.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab dem 15.08.2009 für 720 Kalendertage in Höhe von 26,35 Euro täglich. Unter dem gleichen Datum machte sie gegenüber dem Insolvenzverwalter einen Anspruchsübergang hinsichtlich etwaiger Arbeitsentgeltansprüche der Klägerin geltend und unterrichtete davon die Klägerin. Zu Zahlungen der W an die Beklagte ist es bislang nicht gekommen.

Am 03.09.2009 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid ein, den die Beklagte durch Bescheid vom 04.09.2009 als unbegründet zurück wies: Die Klägerin sei am 15.08.2009 unwiderruflich freigestellt worden. Das Arbeitsverhältnis bestehe zwar weiterhin, das Beschäftigungsverhältnis sei hierdurch aber beendet worden. Dauer und Höhe des Anspruches auf Alg seien nach den gesetzlichen Bestimmungen festgesetzt worden. Die Dauer des Anspruches richte sich nach der Dauer der Pflichtversicherungsverhältnisse innerhalb der um 3 Jahre erweiterten Rahmenfrist vom 15.08.2004 bis 14.08.2009. Es ergebe sich eine Anspruchsdauer von 24 Monaten, da die Klägerin bei Entstehung des Anspruches das 58. Lebensjahr bereits vollendet habe.

Die Klägerin hat am 01.10.2009 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben, mit der sie die Gewährung von Alg ohne Anrechnung der bislang gezahlten Leistungen auf die Anspruchsdauer begehrt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Durch den Insolvenzverwalter sei eine fristgerechte Kündigung zum 30.11.2009 erfolgt. Bereits seit dem 15.08.2009 sei sie unwiderruflich freigestellt gewesen. Arbeitsentgelt für den Zeitraum der Kündigungsfrist sei bislang nicht gezahlt worden. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei anerkannt, dass in Fällen, in denen die Beklagte Ersatz für das gezahlte Alg vom Arbeitgeber erhalte, die Minderung der Anspruchsdauer durch die Gleichwohlgewährung entfalle. Gelinge der Bundesagentur die Durchsetzung der übergegangenen Entgeltforderung nicht, dürfe ihr allerdings keine nachteilige Ungleichbehandlung zu Teil werden. Mit dem Übergang der Entgeltforderung gehe das Risiko der Erfüllungsmöglichkeit und Erfüllungsbereitschaft der Gemeinschuldnerin bzw. des Insolvenzverwalters auf die Beklagte über.

Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass mit der Freistellung zum 15.08.2009 das Beschäftigungsverhältnis beendet gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg hätten damit ab diesem Zeitpunkt vorgelegen. Soweit das Arbeitsverhältnis bis zum 30.11.2009 angedauert und Alg gleichwohl gewährt worden sei, mindere der Bezug von Alg die Anspruchsdauer. Nach der Rechtsprechung des BSG habe aus Billigkeitsgründen eine "Gutschrift" der Anspruchsdauer zu erfolgen, wenn die Beklagte den Schaden, den sie durch Zahlung des Arbeitslosengeldes erleide, ersetzt erhalte, etwa durch Zahlung des A...

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