Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitgliedschaft in der Krankenversicherung durch sog. "Begrüßungsschreiben" der Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Auch dann, wenn ein Betroffener nach den Vorschriften des SGB 5 nicht mehr versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden kann, ist die Krankenkasse an ihre gegenteilige rechtswidrige Feststellung gebunden, die sie mit dem Betroffenen durch einen in der Sache bindenden Verwaltungsakt getroffen hat.

2. Das sog. Begrüßungsschreiben "Herzlich willkommen in der XY-Krankenkasse" ist ein Verwaltungsakt, weil es dem Betroffenen mit seiner Bekanntgabe zu verstehen gibt, er sei Versicherter der Kasse. Das gilt auch dann, wenn das Schreiben nicht unterzeichnet war. Unterschrift und Namenswiedergabe sind nach § 33 Abs. 5 SGB 10 entbehrlich.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 5. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es ist streitig, ob der Kläger im Alter von über 55 Jahren noch versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten hat werden können (§ 6 Abs 3 a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V)).

Der Kläger ist am 00.00.1947 geboren. Mit Datum des 6.4.2005 unterzeichnete er nach Vordruck der Kasse in einer "Mitgliedschaftserklärung" , ja, er wolle zur AOK Rheinland; er werde ab dem 1.5.2005 Mitglied der AOK Rheinland und bitte, seinen Arbeitgeber zu informieren; der Kläger gab dabei an, er sei am 00.00.1947 geboren, italienischer Staatsangehöriger, nicht verheiratet und seit dem 1.5.2005 als Arbeitnehmer beschäftigt; von Februar 1991 bis zum 30.4.2005 sei er unter der Versicherungsnummer 4131681 bei der "B" privat versichert gewesen. Unterhalb der Angaben des Klägers unterzeichnete "der/die AOK- Berater(in)" auf dem Vordruck: "Herzlich willkommen in der AOK Rheinland. Wir sind immer für Sie da." Als Arbeitgeber war auf dem Vordruck die Pizzeria des Beigeladenen zu 2) angegeben.

Ohne Eingangsstempel befinden sich bei den Akten der Beklagten im Doppel:

Ein Schreiben der beigeladenen B Krankenversicherung AG "im November 2004" an den Kläger, des Inhalts, daß sein Beitrag ab dem 1.1.2006 439,51 EUR betrage; ein Schreiben des Kl an die B Krankenversicherung AG vom 6.4.2005 mit der Mitteilung, er habe ab dem 1.5.2005 ein Arbeitsverhältnis und sei bei der AOK versichert, weshalb ab dem 1.5.2005 von ihm keine Beiträge mehr an die B zu entrichten seien. Mit Datum des 6.4.2005 schickte eine Kundenberaterin der Beklagten dem Kläger Unterlagen zurück und nahm Bezug auf ein Telefongespräch vom selben Tage mit der Lebensgefährtin des Klägers, der jetzigen Ehefrau.

Ohne Eingangsstempel befindet sich ferner bei den Akten der Beklagten im Doppel:

ein Schreiben des Klägers mit dem Briefkopf " Kiosk/Trinkhalle D., L Str. 00, M" an die B Krankenversicherung AG vom 12.4.2005, in dem es heißt, er habe seinen Gewerbetrieb zum 30.4.2005 abgemeldet, beginne ab dem 1.5. 2005 ein Arbeitsverhältnis und sei ab diesem Zeitpunkt bei der AOK versichert.

Mit einem vorgedruckten Schreiben vom 22.4.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

"Sehr geehrter Herr D., wir bedanken uns für Ihr Vertrauen in die AOK. Vom 1.5.05 an genießen Sie den umfangreichen Versicherungsschutz des größten und mitgliederstärksten Krankenversicherungsunternehmens in unserer Region. Sollten Sie noch nicht im Besitz einer gültigen KV-Card sein, so werden wir Ihnen diese, ggf. auch für Ihre Angehörigen, in den nächsten Tagen zusenden. Für weitere Informationen und Fragen stehen Ihnen die Kundenberater in unseren Geschäftsstellen zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Ihre AOK Rheinland Die Gesundheitskasse" Der Kopf des nicht unterzeichneten Schreibens enthält den Hinweis auf Frau G. als "Gesprächspartner".

Mit einem im wesentlichen textidentischen weiteren Schreiben vom 22.4.2005 (Gesprächspartner Frau P.) übersandte die Beklagte dem Kläger einen Fragebogen zur Einbeziehung von Familienangehörigen, auf dem das Geburtsdatum des Klägers maschinenschriftlich eingetragen ist, und den der Kläger mit Datum des 4.5.2005 ausfüllte.

Ohne Eingangsstempel befinden sich bei den Akten:

eine Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft bei dem Kind A., auf der das Geburtsdatum des Klägers ebenso vermerkt ist wie auf einer entsprechenden Abstammungsurkunde; Gehaltsbescheinigungen vom 1. und 21.6.2005, auf denen das Geburtsdatum des Klägers aufgeführt ist, und mit denen bescheinigt wird, daß der Kläger für Mai und Juni 2005 jeweils 800 EUR Festlohn gewerblich bekommen habe, von dem 168,40 EUR Beiträge zu allen Zweigen der Sozialen Sicherheit abgezogen seien.

Mit Schreiben vom 13.7. 2005 teilte die Beklagte dem zu 2) beigeladenen Arbeitgeber mit: sie bitte zu prüfen, ob der Kläger nach § 6 Abs 3 a SGB V versicherungsfrei sei, weil er nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig geworden und in den letzten fünf Jahren vor Eintr...

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