Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. keine Kostenübernahme einer Ferienfreizeit für einen behinderten Menschen bei ambulanter Betreuung

 

Orientierungssatz

1. Die besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe besteht darin, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern.

2. Voraussetzung für die Kostenübernahme einer Ferienfreizeit bei einem auch im ambulant betreuten Wohnen lebenden behinderten Menschen ist, dass durch die Ferienfreizeit die Folgen der Behinderung mindestens gemildert werden und die Freizeit dazu beiträgt, den Anspruchsteller in die Gesellschaft einzugliedern und hierbei insbesondere die Begegnung mit Nichtbehinderten zu fördern.

3. Fördert die angebotene Ferienfreizeit die Begegnung mit nicht Behinderten erkennbar nicht, weil der allein auf das Zusammensein behinderter Menschen in ihrer Gemeinschaft gerichtete Programmplan eine Kontaktaufnahme mit nicht behinderten Menschen nicht möglich erscheinen lässt, so ist eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger ausgeschlossen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.02.2010 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Ferienfreizeit im Sommer 2010.

Der 1965 geborene Kläger ist auf Grund eines frühkindlichen Hirnschadens geistig behindert. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie die Merkzeichen B, G, H und RF sind zuerkannt. Er steht unter gesetzlicher Betreuung, lebt im ambulant betreuten Wohnen und arbeitet in einer Werkstatt für Behinderte. Leistungen des ambulant betreuten Wohnens erhält der Kläger durch das E S. Kostenträger ist der Beklagte.

Der Kläger verfügt über eine Rente von monatlich 716,55 Euro. Er bezieht zudem ein Gehalt aus seiner Tätigkeit in der Behindertenwerkstatt in Höhe von 99,04 Euro monatlich. Ferner bezieht er Wohngeld in Höhe von 54 Euro monatlich. Auf seinem Sparkonto bei der Sparkasse W S hatte er am 04.01.2010 einen Betrag von 416,81 Euro angespart. Auf seinem Girokonto bei der gleichen Bank befanden sich zu diesem Zeitpunkt 1.603,21 Euro.

Unter dem 05.01.2008 stellte der Kläger erstmalig einen Antrag auf Übernahme der Kosten einer Ferienfreizeit nach P im August/September 2008. Diesen lehnte der Beklagte ab, weil die Teilnahme an einer solchen Ferienfreizeit im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens nicht notwendig sei. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Im ebenfalls angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht (Az.: S 32 SO 4/08 ER) scheiterte der Kläger ebenso wie in den sich daran anschließenden Klageverfahren (Az.: S 32 SO 5/08 und Az.: S 32 SO 10/08). Am 10.12.2008 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Kostenübernahme für eine Ferienfreizeit im Sauerland. Auch diese lehnte die Beklagte unter dem 02.01.2009 ab.

Am 26.01.2009 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Kostenübernahme der vorliegend streitgegenständlichen Ferienfreizeit nach P im Sommer 2010. Der Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 23.04.2009 ab. Ferienfreizeiten dienten dazu, behinderten Menschen im Alltag ausreichende Kontakte zu nicht behinderten Menschen außerhalb von Einrichtungen zu ermöglichen. Da der Kläger ambulant betreut werde, habe er ausreichend Möglichkeiten, seine Freizeit mit nicht behinderten Menschen zu verbringen.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 29.04.2009 hiergegen Widerspruch ein. Es sei nicht möglich, im Rahmen der gewährten Hilfe des ambulant betreuten Wohnens ihn zusätzlich noch bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen. Die im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens gewährte Hilfe sei in erster Linie darauf gerichtet, ihm zu ermöglichen, sich in einer Wohnung allein zurecht zu finden. Er habe allerdings nur im Rahmen einer Ferienfreizeit die Möglichkeit, in einer Gruppe für ein paar Tage hintereinander am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2009 zurück. Die Kostenübernahme für eine Ferienfreizeit könne zwar im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt werden. Ziel sei es allerdings, behinderten Menschen im Alltag ausreichende Kontakte mit nicht behinderten Menschen außerhalb von Einrichtungen zu ermöglichen. Dieses Ziel werde beim Kläger bereits durch die Leistungen des ambulant betreuten Wohnens sichergestellt. Er fahre zudem Fahrrad und arbeite in einer Behindertenwerkstatt. Außerdem könne er an den vom E angebotenen Freizeitaktivitäten teilnehmen.

Mit seiner hiergegen am 24.08.2009 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Dass er ambulant betreut werde, schließe eine Übernahme nicht aus. Die diesbzgl. Betreuung beinhalte vielmehr in erster Linie, dass ihm die Möglichkeit verbleibe, alleine in einer Wohnung zu leben. Im Rahmen der Ferienfreizeit habe er für 12 Tage die ...

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