Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Essen vom 12.12.2019 - L 5 P 2/19, das vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

SGB XI § 43a Sätze 1, 2 a.F., § 13 Abs. 3 S. 3, Abs. 4, 4a, §§ 14, 45a a.F., § 71 Abs. 4, § 140 Abs. 1; SGB XII § 13 Abs. 3 Sätze 1-2, § 55 S. 1, § 73 Abs. 3, §§ 93-94, 95 S. 1; BSHG § 91a; SGB X §§ 103, 104 Abs. 1 Sätze 1-2; SGG § 54 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4-5, §§ 95, 99 Abs. 3 Nr. 2, § 160 Abs. 2 Nrn. 1-2, §§ 183, 197a; VwGO § 154 Abs. 2, § 188 S. 2

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.11.2021; Aktenzeichen B 3 P 5/20 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abgeltung von Pflegeleistungen in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).

Der am 00.00.1954 geborene L. N. (im Folgenden: der Versicherte) ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Bei ihm liegt u.a. "zeitweiliger Beaufsichtigungsbedarf bei einer schizoaffektiven Psychose und NAC für Menschen mit Behinderungen untergebracht (Evangelische Stiftung V., Wohngruppe C.-straße, C1.). Die Kosten der Unterbringung und Betreuung werden vom Kläger als überörtlichem Träger der Sozialhilfe getragen. Konkret werden seit dem 01.06.2014 bis auf Weiteres Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 6 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt.

Am 31.10.2016 beantragte die gesetzliche Betreuerin des Versicherten - B. E., C1. - für den Versicherten die Gewährung von Leistungen nach § 43a SGB XI. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) stellte (durch die Pflegefachkraft W. L1.) in seinem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 02.01.2017 fest, dass in der Grundpflege lediglich ein Hilfebedarf von 6 Minuten/Tag und in der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten/Tag bestehe; auch die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 12.01.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung unter Bezugnahme auf das Begutachtungsergebnis ab.

Dagegen legte der Kläger unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 95 SGB XII mit Schreiben vom 06.02.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Ablehnung des Antrags auf Pflegeleistungen für den Versicherten sei zu Unrecht erfolgt. Der Versicherte sei pflegebedürftig i.S.d. § 14 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung (a.F.). Daneben bestehe ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung, so dass die Voraussetzungen des § 45a SGB XI a.F. zu bejahen seien. Mit Schreiben vom 12.06.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten für die übernommenen Aufwendungen (Pflegesatz stationäre Einrichtung: 120,83 Euro betreuungstäglich) unter Berücksichtigung des in § 43a SGB XI genannten Höchstsatzes ausdrücklich einen Erstattungsanspruch nach § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 01.01.2017 bis auf Weiteres in Höhe von 266,-- Euro monatlich geltend.

Der MDK (Pflegefachkraft J. I1.) gelangte in dem weiteren Gutachten vom 04.05.2017 wiederum zu dem Ergebnis, dass ein Zeitaufwand in der Grundpflege von 6 Minuten/Tag und in der Hauswirtschaft von 60 Minuten/Tag bestehe. Die Alltagskompetenz des Versicherten sei nicht erheblich eingeschränkt.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2017 zurück: Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 43 SGB XI seien nicht gegeben. Nach der durchgeführten Begutachtung bestehe bei dem Versicherten weder Pflegebedürftigkeit noch eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz.

Mit seiner dagegen am 14.11.2017 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt. Seine Berechtigung, die Leistungsberechtigung des Versicherten - der Inhaber des Anspruchs bleibe - feststellen zu lassen und Leistungen an sich selbst zu verlangen, ergebe sich aus § 95 SGB XII. Ihm stehe als Sozialhilfeträger ein Erstattungsanspruch nach § 102 ff. SGB X i.V.m. § 13 Abs. 4 SGB XI a.F. zu. Eine Vereinbarung i.S. dieser Vorschrift zur Durchführung des § 43a SGB XI habe er am 29.07.2002 mit der AOK Westfalen-Lippe, dem BKK Landesverband NRW, der Landwirtschaftlichen Pflegekasse NRW, der Bundesknappschaft und dem Arbeiterersatzkassenverband e.V. (AEV) sowie dem früheren Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) geschlossen (im Folgenden DFV); aufgrund der in 2015 geänderten Höchstbeiträge sei am 10.04.2015 eine Ergänzungsvereinbarung getroffen worden (im Folgenden: ErgV). Diese Vereinbarung habe trotz der mittlerweile erfolgten Änderung des § 13 Abs. 4 SGB XI weiterhin Gültigkeit. Danach müsse in Fällen, in denen am 31.12.2016 der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung mit Leistungen der Eingliederung...

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