Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletztenrente. Arbeitsunfall. Minderung der Erwerbsfähigkeit. Unfallfolge. Heilbehandlung. Grobe Nachlässigkeit. Bevorstehende Ladung zur mündlichen Verhandlung

 

Orientierungssatz

Wurde nach einem Antrag auf Anhörung eines vom Betroffenen benannten Gutachters der vom Gericht geforderte Kostenvorschuss erst mit einer mehrmonatigen Verzögerung eingezahlt (hier: Einzahlung nach drei Monaten), kann der Antrag vom Gericht wegen Verzögerung des Rechtsstreits abgelehnt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Gericht vor Antragseingang bereits von der Entscheidungsreife des Rechtsstreits ausging und ein Termin zur mündliche Verhandlung vorgesehen war.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1, § 56 Abs. 1, § 2 S. 1, § 26; SGG § 109 Abs. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.09.2018; Aktenzeichen B 2 U 122/18 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 22.06.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Gewährung von Rente sowie auf Heilbehandlung über den 15.01.2014 hinaus hat.

Der 1956 geborene Kläger erlitt am 12.09.2012 einen Arbeitsunfall, als er sich beim Umschieben eines Hubwagens den kleinen Finger der linken Hand zwischen Hubwagen und Wand einklemmte.

Der Durchgangsarzt Dr. C diagnostizierte noch am Unfalltag eine Teilamputation des Endgliedes des 5. Fingers links. Der Kläger wurde anschließend im N-hospital P von dem Handchirurgen H operativ versorgt. Dieser diagnostizierte am 15.10.2012 eine vollständige Amputation der palmaren Weichteile Kuppe C V links, Nagelkranz partiell frakturiert, Knochenfragmente im Amputat, teilweise Zerstörung des Nagelbettes, insbesondere radialseitig, Zustand nach Lappentrennung am 04.10.2012. Am 18.01.2013 stellte sich der Kläger in der Klinik für Plastische, Wiederherstellungs- und Ästhetische Chirurgie - Handchirurgie im Klinikum C vor. Der dortige Chefarzt Prof. Dr. G diagnostizierte in seinem Bericht vom 21.01.2013 einen Zustand nach Klein- fingerendglieddefekt links mit Deckung durch Crossfingerlappen, aktuell: Kraftverlust an der linken Hand und im linken Arm, depressive Verstimmungen seit dem Unfalltag. Es sei mit einer voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit von weiteren zwei Wochen zu rechnen. Von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigenden Ausmaß sei derzeit nicht auszugehen.

Am 31.01.2013 stellte sich der Kläger bei dem Durchgangsarzt X vor. Dort klagte er über psychische Probleme. Er sei noch nicht arbeitsfähig, weil Kollegen beim Arbeitsversuch lachten etc. X beschrieb eine insgesamt deutlich agitierte und depressiv verstimmte Stimmungslage.

Aufgrund der beklagten psychischen Probleme, erfolgte sodann zu Lasten der Beklagten ab dem 18.02.2013 eine psychologische Behandlung bei dem psychologischen Psychotherapeuten B B. Dieser behandelte nach seinem Bericht vom 28.03.2013 wegen Anpassungsstörungen mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten. Es bestehe eine Belastungsreaktion nach Arbeitsunfall, die depressive Symptomatik drohe zu chronifizieren. Die wesentliche Symptomatik beschrieb er wie folgt: depressiv eingeengtes Erleben der eigenen Lebenssituation nach dem Unfall, Fehlverarbeitung des Unfalls und der Folgen, fehlverarbeitete Kränkung durch als nachlässig erlebte Akutbehandlung, ebenso Kränkungserfahrung durch die als geringschätzig erlebte ambulante Weiterbehandlung, Existenz- und Zukunftsängste. Der Kläger habe berichtet, er sei traurig und wütend auf sich, auf die Ärzte, auf die Kollegen. Immer wieder habe er Schmerzen in Hand und Arm und fürchte, niemand glaube ihm. Er fühle sich in seinem Stolz und seiner Ehre verletzt. Er sei nie krank oder faul gewesen und nun stünde er da wie ein Versager und Schwächling, oder man sehe in ihm sogar einen Simulanten, was ihn am meisten kränke.

Der Handchirurg Dr. T von der Gutachtenstelle der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum E teilte in seinem Bericht vom 29.03.2013 mit, bei dem Kläger lägen folgende Unfallfolgen vor: "Bewegungseinschränkung der Finger 2 bis 5 der linken Hand, unvollständiger Faustschluss, Muskelminderung am linken Ober- und Unterarm, Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogengelenk, Narbenbildung, Empfindungsstörung in der Kleinfingerkuppe, radiologische Veränderungen mit Verlust des Nagelkranzes am Kleinfingerendglied links." Dr. T vertrat die Auffassung, weitere Behandlungsmaßnahmen wegen der Unfallfolgen seien nicht erforderlich. Arbeitsunfähigkeit bestehe nicht mehr. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit als ungelernter Arbeiter sei sofort möglich. Er empfehle aber im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen psychologischen Probleme eine ergänzende psychologische Untersuchung.

Der Neurologe und Psychiater Dr. C1 vertrat anschließend in einer beratungsärz...

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