Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitsuche. befristetes Arbeitsverhältnis. unverschuldete Rechtsunkenntnis. Belehrungspflicht. Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung

 

Orientierungssatz

1. Die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung ist auch bei von vornherein befristeten Arbeitsverhältnissen durch die Norm des § 37b SGB 3 ausreichend inhaltlich bestimmt. (vgl BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2). Ist die Befristung - wie hier - kürzer als 3 Monate, muss der Arbeitslose sich sofort am ersten Arbeitstag arbeitsuchend melden.

2. Die unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung schließt eine Minderung des Arbeitslosengeldes aus (vgl BSG vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1). An die Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 140 iVm § 37b SGB 3 sind hohe Anforderungen zustellen und sie darf sich insbesondere nicht auf eine formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung liegt nur vor, wenn sie konkret, richtig und vollständig ist und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem versicherungswidrigen Verhalten resultieren.

3. Die Voraussetzungen einer in diesem Sinne wirksamen Rechtsfolgenbelehrung erfüllt weder 1.7 des Merkblattes 1 für Arbeitslose, noch der entsprechende Hinweis im Aufhebungsbescheid.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.01.2006 geändert.

Der Bescheid vom 10.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2005 wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 31.12.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages nach § 140 SGB III zu zahlen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des an den Kläger vom 31.12.2004 bis 28.02.2005 gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) um maximal 1.050,00 EUR wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der am 00.00.1973 geborene Kläger ist gelernter Koch und bezog seit dem 09.02.2004 für maximal 233 Leistungstage Arbeitslosengeld in Höhe von 26,88 EUR pro Tag. Am 15.06.2004 nahm er erneut eine Arbeit als Koch, diesmal in einem Hotel im Ausland, auf. Die Beklagte hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Aufhebungsbescheid vom 15.06.2004 ab diesem Tag auf. Nach der Tätigkeit im Ausland war der Kläger im Anschluss daran vom 14.11. bis 30.12.2004 befristet als Aushilfe auf dem Weihnachtsmarkt in L ebenfalls als Koch tätig.

Am 03.01.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Wiedergewährung von Alg.

Mit Bescheid vom 10.01.2005 stellte die Beklagte den Eintritt einer Minderung in Höhe von 1.050,00 EUR fest, da der Kläger sich spätestens am 15.11.2004 hätte arbeitsuchend melden müssen. Statt des zustehenden Betrages von Arbeitslosengeld in Höhe von 26,88 EUR pro Tag werde nur eine tägliche Leistung von 13,44 EUR ausgezahlt. Mit Bescheiden vom 11.01.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger dann Arbeitslosengeld ab 31.12.2004, wobei sich unter Berücksichtigung der Minderung für den 31.12.2004 ein Zahlbetrag von 13,44 EUR und für die Zeit ab 01.01.2005 in Höhe von 13,69 EUR ergab. Am 01.03.2005 hat der Kläger wieder eine Arbeit als Koch aufgenommen. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld wurde für die Zeit ab 01.03.2005 mit Bescheid vom 02.03.2005 aufgehoben. In der Zeit vom 31.12.2004 bis 28.02.2005 wurde das Alg des Klägers durchgehend in der geminderten Höhe gezahlt.

Gegen den Bescheid vom 10.01.2005 legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, er habe nicht gewusst, dass er sich quasi am ersten Tag hätte am Arbeitsamt arbeitslos melden müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies auf den Aufhebungsbescheid vom 15.06.2004, der auf der Rückseite wichtige Hinweise über die Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung enthalten habe. Am 05.08.2005 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Er hat mitgeteilt, dass er zwar den Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 15.06.2004 erhalten habe. Die Hinweise auf die Regelungen des § 37 b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien darin aber nicht sehr deutlich gewesen. Er habe von seiner Meldepflicht nichts gewusst.

Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 10.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten. Insbesondere habe der Aufhebungsbescheid vom 15.06.2004 entsprechende Hinweise auf die Regelung des § 37 b SGB III enthalten. Auch in den bei Arbeitslosmeldung ausgegebenen Merkblättern sei ein entsprechender Hinweis enthalten gewesen.

Mit Urteil vom 23.01.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das...

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