Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch der Pflegeeinrichtung auf Zustimmung zur Berechnung von Investitionskosten

 

Orientierungssatz

1. Die Struktur und Finanzierung von Pflegeeinrichtungen unterfällt nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 12 GG der konkurrierenden Gesetzgebung. Den Ländern ist es nach § 9 S. 1 SGB 11 aufgegeben, eine leistungsfähige, zahlenmäßig ausreichende und wirtschaftliche pflegerische Versorgungsstruktur zu schaffen. In der Pflegevergütung und in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung dürfen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB 11 keine Aufwendungen für Maßnahmen der Anschaffung und Erhaltung der für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude berücksichtigt werden.

2. Die Länder sind nach § 9 S. 1 SGB 11 berechtigt, zu bestimmen, ob und in welchem Umfang eine finanzielle Unterstützung der Pflegeeinrichtungen bei der Tragung ihrer betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen erfolgt.

3. Eine landesrechtliche Deckelung widerspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 82 Abs. 3 SGB 11. Im Rahmen der Grundrechte ist aber zu prüfen, ob die Ausgestaltung der Deckelung im Einzelfall eine ausreichende sichere finanzielle Grundlage für die Pflegeheime bietet.

4. Bei der Erteilung der Zustimmung zur Berechnung von Investitionskosten der Pflegeeinrichtung ist die wirtschaftliche Betriebsführung einerseits und die Angemessenheit der Kosten andererseits zu berücksichtigen. Eine Ungleichbehandlung zwischen öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen rechtfertigt sich aus der unterschiedlichen Finanzierung und den damit einhergehenden unterschiedlichen wirtschaftlichen Risiken der Betreiber.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.06.2017; Aktenzeichen B 3 P 4/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.5.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 191.974,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der Zustimmung des Beklagten zur gesonderten Berechnung höherer Investitionskosten für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 in Höhe von 662.682 EUR, die nicht durch öffentliche Förderung abgedeckt sind. Streitig ist dabei im Rahmen des Sonderbettenwerts und der Verzinsung, ob die tatsächlichen Baukosten oder die maximal anerkennungsfähigen Baukosten nach § 82 Abs. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) i.V.m. § 13 Abs. 1 a.F. Landespflegegesetz NRW (PfG NW) und § 5 Abs. 2 der Verordnung über die Förderung von Investitionen von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen sowie von vollstationären Pflegeeinrichtungen (StatPfLVO) berücksichtigungsfähig sind. Die Differenz der bewilligten und der beantragten Höhe der Investitionskosten beträgt für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 191.974,00 Euro.

Der Kläger ist Träger des vollstationären Altenheims St. K in L. Das Heim wurde 1998 ausgebaut und auf 114 vollstationäre Pflegeplätze (davon 102 im Einbettzimmer und 12 im Mehrbettzimmer) und 14 Tagespflegeplätze erweitert. Für die Erstausstattung der 14 Tagespflegeplätze erhielt der Kläger 1998 als Landes- und LVR-Zuschuss 758.769 DM, die 114 vollstationären Pflegeplätze wurden mit 10.012.957,- DM bezuschusst (Bescheid des Beklagten vom 29.12.1998). Das Deutsche Hilfswerk zahlte 1998 für die Erstausstattung ein Zuschuss von 150.000 DM.

Mit Bescheid vom 20.6.2006 widerrief der Beklagte die Zuwendungen für die Tagespflege i.H.v. 18.256,19 EUR wegen festgestellter Minderflächen und die Förderung der stationären Plätze i.H.v. 115.181,16 Euro wegen eines Verstoßes gegen das Raumprogramm und der Nichteinhaltung der Verdingungsordnung für Leistungen außer Bauleistungen (VOL). Mit öffentlich-rechtlichem Vertrag der Beteiligten vom 10.5.2007 wurde die für die vollstationären Plätze widerrufene Summe einvernehmlich auf 69.597,78 Euro reduziert.

Für das Jahr 2008 erteilte der Beklagte die Zustimmung zu den gesondert berechnungsfähigen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen i.H.v. 18,07 Euro/Tag pro Mehrbett- und 19,19 Euro/Tag pro Einbettzimmer (Abhilfebescheid vom 19.3.2008).

Am 9.9.2008 beantragte der Kläger unter Vorlage des Antrags-/Abfragebogens, des Berechnungsbogens für 2009/2010 sowie der Sonderbettenwertermittlung die Neuberechnung der Investitionskosten zum 1.1.2009. Von dem Beklagten begehre er für 2009/2010 die Zustimmung zur Umlage der nicht durch öffentliche Förderung abgedeckten tatsächlichen Investitionskosten auf die Bewohner des Altenpflegeheims. Unter Berücksichtigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags aus 2007 ergebe sich ein tatsächlicher betriebsnotwendiger Baukostenaufwand in Höhe von 10.222.006,- Euro, der durch den Verwendungsnachweis belegt werde. Die für den Betrieb notwendigen, nicht durch öffentliche Förderung abgedeckten Investitionskosten von 662.681,-Euro EUR seien auch über die bewilligte Förderersumme hinaus zustimmungsfähig, da die landesrechtliche Deckelung nach § 5 Abs. 2 StatPflVO gegen Bundesrecht versto...

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